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Sport: Auf klarem Kurs

Radprofi Tony Martin setzt sich vor dem WM-Zeitfahren unter Druck.

Valkenburg - Der Erfolg hat Tony Martin motiviert. Nach dem Gold im Mannschaftszeitfahren will der Radprofi bei der Straßen-WM der Radprofis in Valkenburg nun auch im Einzelzeitfahren triumphieren und damit der für ihn von Stürzen und Defekten bei der Tour de France unglücklich verlaufenen Saison einen versöhnlichen Abschluss verleihen. „Jede Erwartung unterhalb von Gold ist fehl am Platz“, sagte der gebürtige Cottbusser und setzte sich vor dem Rennen am Mittwoch selbst unter Druck.

Der Olympia-Zweite sprach freilich nur aus, was alle dachten. Denn nach den Absagen von Zeitfahr-Olympiasieger Bradley Wiggins, dem Olympia-Dritten Christopher Froome und dem früheren Dauer-Weltmeister Fabian Cancellara ist Martin tatsächlich klarer Favorit. Seine gute Form unterstrich der 27-Jährige zudem mit seiner Leistung bei der Titelfahrt seines Teams Omega Pharma Quick Step. Er setzte beim Mannschaftszeitfahren am Sonntag das Tempo, achtete aber auch darauf, dass schwächere Teammitglieder noch mithalten und ihren Teil der Führungsarbeit bis zum Ende leisten konnten.

Doch Favorit – was heißt das schon im Fall Martin? Bei der Tour de France war er der Pechvogel schlechthin. Erst zerstörte beim Prolog eine Reifenpanne seinen Traum von Tagessieg und Gelbem Trikot. Einen Tag danach brach er sich bei einem Sturz das Kahnbein, hielt mit Manschette am Handgelenk trotz Schmerzen aber bis zum Zeitfahren durch. Dort bremste ihn erneut eine Reifenpanne. Nun also könnte ein Sieg seine Popularität weiter erhöhen. Ein Selbstläufer wird es aber nicht.

Mit dem wegen Dopings schon mal gesperrten Spanier Alberto Contador, der ebenfalls antritt, duelliert sich Martin auch in moralischer und medialer Hinsicht. 2010 wurden Contador alle Erfolge seit seinem positiven Dopingbefund offiziell aberkannt, darunter der Tour-Sieg 2010 sowie der Giro-Sieg 2011. In einem Interview erklärte Martin nun locker: „Generell finde ich es immer sehr fragwürdig, wenn gedopte Fahrer irgendwann zurückkehren und dann große Ergebnisse erreichen. Das ist schade für den Sport, da wird leider zu Recht auch ein Schatten auf den Radsport geworfen.“ Er zeigte Genugtuung über die Aktionen der US-Dopingagentur Usada gegen Lance Armstrong. Die Usada hatte Armstrong lebenslang gesperrt und die Aberkennung der sieben Tour-de-France-Siege, die der 40-jährige Armstrong zwischen 1999 und 2005 erreicht hatte, gefordert. „Wenn nachgewiesen wird, dass Lance Armstrong bei den fraglichen Ereignissen gedopt hat, gehören ihm die Titel natürlich abgenommen“, sagte Martin.

Die vom Radsport-Weltverband UCI angekündigte Amnestie für Doping-Geständige der Ära Armstrong findet Martin dagegen indiskutabel. „Wie soll ich das verstehen? Da kommt einer an und sagt: ,Ich habe vor drei Wochen gedopt‘, und dann kommt der damit davon?“ Martin fordert eine Klärung von Fristen und Modalitäten.

Beim Weltmeister von 2011 sind Fahrstil und Redeweise inzwischen aufs Trefflichste in Resonanz gebracht: stets direkt und sehr dynamisch. Tom Mustroph

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