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Sport: Auf schweren Beinen

Der FC Chelsea überzeugt noch nicht vollends

London - Jimmy Floyd Hasselbaink hob langsam die Arme hoch – wie ein Soldat, der sich ergibt – und machte ein betretenes Gesicht. Eine Geste des aufrichtigen Bedauerns. Der Holländer hatte gerade den 1:1-Ausgleich für Charlton beim FC Chelsea erzielt. Das war nichts Unredliches, doch nach vier Jahren im Trikot des FC Chelsea wollte er aus Rücksicht auf die Fans nicht jubeln. Nach einer kurzen, ungläubigen Stille beklatschten schließlich alle im Stadion an der Stamford Bridge den gegnerischen Torschützen. Man sang sogar seinen Namen. Chelsea gewann am Ende 2:1.

Liebenswürdigkeiten wie die gegenüber Hasselbaink gönnt sich die Premier League noch ab und zu, aber im Großen und Ganzen verschwindet der Fairplay-Gedanke der Insulaner zunehmend hinter den kleinlichen Scharmützeln von Millionären und Milliardären. Der FC Chelsea ließ es sich beispielsweise am Samstag nicht nehmen, den zum FC Arsenal in den Norden der Stadt abgewanderten William Gallas ein weiteres Mal öffentlich abzuwatschen. Der Verein habe dem französischen Verteidiger ein „sehr substanzielles und attraktives Vertragsangebot“ gemacht, stand im Programmheft, „doch das wurde abgelehnt. Während Gallas öffentlich von neuen Herausforderungen und einem Wechsel ins Ausland sprach, ging es in Wahrheit nur ums Geld.“ Chelseas Trainer José Mourinho war bereit, ihn großzügigerweise wieder aufzunehmen. Gallas aber drohte, für den Fall, dass man ihn einsetzen würde, ein Eigentor, einen Platzverweis oder absichtliche Fehler an.

Gallas erzwang seinen Verkauf, im Gegenzug kam Ashley Cole zu Chelsea. Geld, stellte Cole klar, sei für ihn nicht das entscheidende Kriterium gewesen. „Ich bin kein gieriges Schwein“, sagte er, „mir geht es nur um Respekt – und der hat mir bei Arsenal zuletzt gefehlt.“ In Orwellscher Manier wurde auf dem aktuellen Mannschaftsfoto Coles Kopf bereits einem unbekannten Kameraden digital aufgesetzt.

Gegen Charlton spielte Chelsea nur in der ersten Hälfte stark. Besonders Michael Ballack glänzte mit einer Serie von Linksschüssen und der Vorlage zum 1:0, war aber insgesamt nicht wirklich überzeugend. „Ich bin mit der Leistung in der ersten Hälfte zufrieden“, sagte Mourinho, „in der zweiten haben wir gut gekämpft“. Schuld sei die Länderspielwoche gewesen. „15 Spieler hatten schwere Beine und keine Zeit, sich auszuruhen.“

Die gibt es auch vor der Partie in der Champions League gegen Werder Bremen am Dienstag nicht. Michael Ballack weiß um Werders Stärke. „Sie sind sicher die beste Mannschaft des dritten Lostopfes, und man muss ihnen mit Respekt begegnen“, sagte er, „sie denken sehr offensiv, können aber Fehler in der Abwehr machen.“ Die Favoritenrolle in der Gruppe sprach er Barcelona zu, „für uns wird es eine große Herausforderung, es ist zu früh, vom Gewinn der Champions League zu reden“. Sein Trainer Mourinho verzichtete auf die üblichen Psycho-Spielchen und verabschiedete sich gar mit ungewöhnlicher Demut aus der Pressekonferenz: „Es wird ein großes Spiel gegen einen sehr starken Gegner.“

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