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Von der Hand in den Mund. Schalkes Stürmer Raúl wird endlich effektiv. Foto: dpa

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Sport: Aufbruch ins Irgendwo

Beim Sieg gegen St. Pauli findet sich Schalke 04

Felix Magath ist ein Meister der feinen Ironie. Manchmal ist sie so fein, dass nicht mal Magath die Doppeldeutigkeit seiner Sätze erkennt. Am Freitagabend, nach dem ersten Sieg im sechsten Heimspiel, bedankte sich der Trainer des FC Schalke 04 besonders „für die Geduld der Fans“, die sich „heute ausgezahlt“ habe. Meinte Magath etwa die Fans, die per Spruchband ihre Fundamentalkritik an seinem Kurs zum Ausdruck gebracht hatten? Schon beim Aufwärmen hing über die komplette Breite der Nordkurve ein Banner mit der Aufschrift: „Aufwachen Schalker! Nen Arsch voll Schulden, Platz 17 und unsere Werte werden mit Füßen getreten.“ Pünktlich zum Anpfiff wurde dann ebenfalls per Plakat im Unterring der vermeintliche Hauptschuldige angegriffen: „Magath: 15 Abgänge, 14 Neueinkäufe, 0 Chance! Merkste was?“

Dass der Trainer den Anhang nach dem 3:0-Sieg gegen den FC St. Pauli trotzdem explizit lobte, war also entweder Trotz oder Ausdruck einer neuen Gelassenheit durch den ungewohnten Erfolg. Der Sieg gegen den Aufsteiger sei „so was wie eine Erlösung für uns“ gewesen, sagte Magath. Sein Dank an die Fans klang fast wie der Teil einer Abschiedsrede. Die Schalker hatten an diesem Abend das Gefühl, dass mit ihrem ersten Heimsieg etwas zu Ende gegangen war – eine Phase des Suchens und Findens. Mit neun Punkten aus elf Spielen ist der Ertrag zwar weiterhin dürftig, „auf der Habenseite ist immer noch nicht furchtbar viel“, sagte Christoph Metzelder, aber der Erfolg sei „gut für die Schalker Seele, die ordentlich gelitten hat. Ich hoffe, dass es ein Start für uns ist.“

Der Sieg gegen St. Pauli war einer der Erfolge, die selbst noch in die Vergangenheit zurückstrahlen, weil sie eine ordentliche Bilanz plötzlich zu einer guten machen. Schon vor dem Spiel konnte man Indizien finden können, dass sich die neue Schalker Mannschaft langsam findet. In den jüngsten fünf Pflichtspielen hatte sie nur zwei Gegentore kassiert. Der Sieg am Freitag verlängerte die Serie nicht nur um ein weiteres Spiel, er verpasste ihr eine neue Qualität. „Wir stabilisieren uns hinten“, sagte Metzelder. Anders gesagt: Schalke ist auf dem besten Weg, wieder Schalke zu werden.

Der Erfolg gegen St. Pauli könnte auch ein Neustart für Felix Magath und sein ehrgeiziges Projekt gewesen sein. Die drei Tore erzielten zwei seiner vierzehn Neueinkäufe: Der Spanier Raúl traf zwei Mal und verdreifachte damit seine Torquote in der Bundesliga – auf drei; sein Nebenmann Klaas-Jan Huntelaar erzielte mit seinem sechsten Saisontor das zwischenzeitliche 2:0. „Das war richtig gut“, sagte der Holländer über das Zusammenspiel im Sturm. „Es ist wichtig, dass wir mit mehr Leuten im Strafraum sind.“ So wie beim 1:0, als Huntelaar die Hereingabe von Atsuto Uchida verpasste, sein Sturmpartner aber den Ball verwertete.

Magath hatte Raúl kürzlich empfohlen, sich häufiger im gegnerischen Strafraum herumzutreiben, anstatt sich in den Tiefen des Mittelfelds zu verlieren. Aber Schalkes Trainer wollte diese Aussage hinterher nur als Zustandsbeschreibung verstanden wissen. „Raúl braucht von mir keine Tipps und Hinweise“, sagte er. Der Spanier bestätigte später, dass er von Magath weiterhin „alle Freiheiten“ bekomme. Seine Ausflüge ins Mittelfeld waren wohl vor allem Ausdruck seines Helfersyndroms. Weil es in der Spielgestaltung stockte, wollte Raúl unterstützend eingreifen. Gegen St. Pauli „hat er sich etwas zurückgehalten“, sagte Magath. Weil er es endlich einmal konnte.

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