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Lionel Messi, Xavi und Dani Alves staunen über die unerwartete Mini-Krise ihres Vereins.

© dapd

Aufregung im Paradies: Barcelonas heile Welt bekommt Risse

Nach zwei Niederlagen in Folge und vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League gegen den FC Chelsea ist beim FC Barcelona von der sonstigen Harmonie nicht mehr viel zu spüren.

Der Kreis ist Plicht. Nach jedem Spiel versammelt Josep Guardiola seine Spieler um sich herum. Der Trainer des FC Barcelona hält dann eine kurze Ansprache und analysiert die vorangegangenen 90 Minuten im Schnelldurchlauf. In der Regel soll es dabei sehr harmonisch zugehen. Viel Lob. Etwas Kritik. Verbesserungsvorschläge. Meistens.

Nach dem Spiel gegen Real Madrid war alles anders und Guardiola wütend. Das zumindest berichtet die spanische Zeitung „El mundo deportivo“. Aus der taktischen Analyse soll eine grundsätzliche Rüge geworden sein. Nicht etwa, weil das Duell gegen den Erzrivalen 1:2 verloren ging. Auch nicht, weil die spanische Meisterschaft bei sieben Punkten Rückstand auf Real nur noch theoretisch erreichbar ist. Guardiolas Wut war fundamentaler.

Fünf Stunden vor dem Spiel am Sonnabend hatte ein Radiosender aus Madrid die Aufstellung des FC Barcelona bekannt gegeben. Und: Sie stimmte. Dabei wussten zu diesem Zeitpunkt nicht einmal die Spieler, wie die Startformation aussehen würde. Nach dem Abschlussspiel konnten sie es nur ahnen. Guardiola jedenfalls vermutet einen „Maulwurf“ im Kader. Und Kandidaten dafür gäbe es. Zuletzt waren nicht alle mit den Entscheidungen des Trainers rundum zufrieden. Gegen Real etwa mussten die teuren Neuzugänge Cesc Fabregas und Alexis Sanchez überraschend auf die Bank.

Ausgerechnet vor dem so wichtigen Rückspiel im Halbfinale der Champions League gegen den FC Chelsea (20.45 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) bekommt die heile Welt beim Titelverteidiger erste Risse. 0:1 gegen Chelsea, 1:2 gegen Real – zum ersten Mal seit drei Jahren hat Barça wieder zwei Spiele am Stück verloren. Damals gegen Mallorca und Osasuna. Nichtig. Der Titel in der Liga war so gut wie sicher. Am vergangenen Mittwoch in London und am Sonnabend im Camp Nou aber war es wichtig. Nun hängt der Erfolg der ganzen Saison an dem einen Spiel heute. „Die Liga mag verloren sein, aber wir noch immer alle Möglichkeiten, die Champions League zu gewinnen“, sagt Xavi.

Guardiola hat er seinen Vertrag noch nicht verlängert

Barcelonas Mittelfeldstratege erwähnte auch noch das nationale Pokalfinale gegen Athletic Bilbao, aber die „Copa del Rey“ reicht nach dem Selbstverständnis der Katalanen nicht aus, um die Saison zu retten. Erst recht nicht, nach 13 von 16 möglichen Titeln in den vergangenen vier Jahren. All die Pokale haben eine Erwartungshaltung entstehen lassen wie bei keinem anderen Klub auf der Welt. Noch mehr Tore. Noch mehr Titel. Da können zwei Niederlagen in Serie schon eine Krise auslösen. Das ständige Vordringen zu neuen Superlativen würde nur der erneute Gewinn der Champions League befriedigen. Weil es historisch wäre. Seit dem der Wettbewerb nicht mehr Europapokal der Landesmeister heißt, ist noch keiner Mannschaft die Titelverteidigung gelungen. Auch dem FC Barcelona nicht.

Die Stimmung vor dem Rückspiel ist angespannt, im Fußball-Paradies Barcelona herrscht Aufregung. Auch, weil man Chelsea in den vergangenen sechs Duellen in der Champions League nicht besiegen konnte. „Wir dürfen uns jetzt von nichts ablenken lassen“, sagt Guardiola. „Die Spieler waren schon oft in einer derartigen Situation und haben die Herausforderung stets gemeistert.“

Bloß keine Ablenkung. Dabei trägt auch Guardiola zur Aufregung bei. Noch immer hat er seinen Vertrag nicht verlängert. Im Sommer könnte er gehen. Die Spieler warten auf ein Zeichen ihres Trainers. „Guardiola ist für den Klub wichtiger, als ich“, sagte Lionel Messi kürzlich. Der Messi, der Barça mit seinen Toren die Titel sichert.

Und dann ist da noch der schwelende Konflikt zwischen Guardiola und Gerard Piqué. Seit der Verteidiger wegen einer Liaison mit einem kolumbianischen Musiksternchen regelmäßig die Titelseiten der Klatschpresse ziert, ist Barcelonas Trainer von ihm abgerückt. Gegen Chelsea und Real verzichtete Guardiola auf Piqué, eine Entscheidung, die nicht nur auf Zustimmung stieß. Heute soll Piqué wieder in die Startformation zurückkehren. Und mit ihm die Hoffnung, dass es im Kreis nach dem Spiel gegen Chelsea wieder harmonisch zugeht.

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