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Mittendrin, nicht nur dabei. Nadja Drygalla, Rostocker Ruderin mit politisch höchst problematischem Umfeld.

© dapd

Aufregung im Ruder-Team: Ruderin Drygalla: Sympathie für rechts?

Die Ruderin Nadja Drygalla reist von den olympischen Spielen ab, nachdem ihr Kontakte zu Neonazikreisen vorgehalten werden. Aus der Polizei war sie bereits 2011 entlassen worden, auch der Ruderverband hätte davon wissen müssen.

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Bis Freitag früh kannte außerhalb der Ruderszene kein Mensch Nadja Drygalla. Dass sie mit dem Frauen-Achter im Hoffnungslauf ausgeschieden ist – wen kümmerte es? Seit Freitag wissen Millionen Menschen, dass die 23-Jährige am Freitag aus dem Olympischen Dorf abgereist ist, weil sie vermeiden wollte, dass das deutsche Ruderteam Schaden nimmt. Schwer einzuschätzen ist allerdings für Menschen, die nicht in ihrem direkten Umfeld leben, ob sie Sympathien für rechtes Gedankengut hat. Denn das ist der Grund für die Aufregung, die derzeit im deutschen Ruderlager und bei der Führungsspitze des deutschen Olympiateams herrscht. Diese macht in dieser Causa zumindest eine unsichere Figur.

Drygalla bestreitet, Sympathien für die rechte Szene zu haben. Sie stehe zu den olympischen Werten. Das habe sie am Donnerstag vor ihrer Abreise Michael Vesper, dem Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, mitgeteilt, berichtete Vesper hinterher. Vesper äußerte aber im gleichen Atemzug auch Zweifel. „Man kann in einem anderthalbstündigen Gespräch nicht klären, wie sie wirklich denkt.“ Meldungen eines linken Blogs im Internet hatten Drygalla zu diesem Gespräch gezwungen. In dem Blog wird erklärt, Drygallas Freund sei Neonazi. Sicherheitskreise nennen Michael Fischer (24), auch er ein Ruderer und Ex-Mitglied der deutschen Juniorennationalmannschaft. Er trat 2011 bei den Landtagswahlen als Direktkandidat der NPD in Rostock an. Fischer ist zudem ein Anführer der Gruppierung „Nationale Sozialisten Rostock“, die Experten der aggressivsten Neonazi-Strömung zurechnen, den Autonomen Nationalisten.

Gegen Fischer ermittelt die Staatsanwaltschaft Rostock. Er sei zusammen mit zwölf weiteren Personen Beschuldigter in einem Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs, sagte am Freitag eine Sprecherin der Behörde. Fischer soll im Februar mit einem Trupp Neonazis eine Veranstaltung zum Gedenken an den Türken Yunus Turgut gestört haben. Die Terroristen der Bande „Nationalsozialistischer Untergrund“ hatten den Döner-Verkäufer 2004 in Rostock erschossen.

Andere Antifa-Seiten haben die Meldung über Drygallas Freund übernommen, in kurzer Zeit stieg in der öffentlichen Diskussion das Thema zum „Neonazi-Skandal im Frauen-Achter“ auf. Am Donnerstag erreichte die Diskussion den Deutschen Ruderverband, daraufhin folgten Gespräche auf höchster Ebene. Der DOSB teilte mit, „dass sich Nadja Drygalla nachdrücklich zu den Werten der Olympischen Charta bekannt hat“. Siegfried Kaidel, der Präsident des Deutschen Ruderverbands, teilte zu dem Fall mit: „Ich habe davon am Donnerstag zum ersten Mal erfahren. Wir kümmern uns nicht darum, wer mit wem zusammen ist. Es ist nicht Aufgabe des Verbands, private Beziehungen zu überprüfen.“

Im Kern geht es um eine Frage: Sympathisiert Drygalla mit der rechten Szene? Hat sie diese Sympathie mal erkennbar gezeigt? Oliver Palme, der Pressesprecher des Deutschen Ruderverbands, sagt, er habe noch nie davon gehört. Doch Michael Vesper sagt über Drygallas Verbindung zu einem Neonazi: „Ich weiß, dass das vor einigen Monaten schon mal möglicherweise im Gespräch war.“

Der Ruderverband müsste, glaubt man dem Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern, bereits 2011 gewusst haben, dass es mit Drygalla Probleme gibt. Da war Drygalla noch Polizeianwärterin und mit der Freundschaft zu dem Neonazi aufgefallen. Erste Hinweise, heißt es in Polizeikreisen, gab es bereits 2010. Jedenfalls konfrontierte die Polizei die Anwärterin mit dem Vorhalt, sie unterhalte Kontakte zur rechten Szene. An den Gesprächen mit Drygalla seien, sagt das Ministerium, der DOSB und der Ruderverband beteiligt gewesen. Im Bundestag forderten Abgeordnete der Opposition vom DOSB umgehend Aufklärung. Vesper sagte dazu am Abend: „All denen, die alles längst wussten, stelle ich die Frage: Warum haben sie uns das nicht nach der Nominierung von Nadja Drygalla in die Olympiamannschaft gesagt?“

Wenn aber alles tatsächlich nicht so dramatisch ist, bleibt die Frage, warum Vesper die Abreise Drygallas aus London „ausdrücklich begrüßt“ hat.

Die Ruderin hatte wegen der Ermittlungen ihre Entlassung aus der Polizei beantragt. Die wurde zum 30. September 2011 wirksam. Aus der Sportförderung durch die Polizei fiel Drygalla heraus. Ihre Teilnahme an Olympia geriet aber nicht in Gefahr. Die Linkspartei in Mecklenburg-Vorpommern wirft dem Innen- und Sportminister des Landes, Lorenz Caffier (CDU), eine ambivalente Haltung vor. Die Verbindung der Ruderin zu dem Neonazi sei schon länger bekannt gewesen, sagt der Landesvorsitzende der Linken, Steffen Bockhahn. Er berichtet, Rechtsextreme hätten im Internet gefragt, warum Fischer bei Partys seine Freundin mitbringe, obwohl sie Polizistin sei. Bockhahn fordert, Caffier müsse den Landtag über den Fall informieren. Meinungsseite

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