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Sport: Aufstand der Unterschätzten

Die lange Zeit kaum gewürdigten Peyton Manning und Tony Dungy führen Indianapolis erstmals zum Gewinn des Super Bowl

Die Trophäe fest im Würgegriff brachte er auf dem Siegespodest kaum ein Lächeln zustande. Und statt Genugtuung sprach aus seinen Worten nur Anerkennung für seine Teamkollegen. Es war eines der prägendsten Bilder des Super-Bowl-Finales. Peyton Manning und der Pokal. Er, ganz oben. Er, den sie als Weichei beschimpft hatten, als Schönwetter-Quarterback, der die wichtigen Spiele nicht gewinnen kann. Einer, der angeblich kein wirklich Großer ist bei den Indianapolis Colts. Einer, der verblasst neben den echten Stars der National Football League.

Aber jetzt stand er da als großer Sieger. Ausgeleuchtet beim populärsten Einzelsportereignis der Welt. 29:17 hatte Indianapolis gewonnen, die Chicago Bears hatten doch noch verloren hier im Stadion von Miami, Florida. Indianapolis hatte erstmals den Bowl.

Dabei waren die Colts Sekunden nach dem Anpfiff erst einmal am Boden. Nach 14 Sekunden hatte Chicagos Devin Hester das Feld überquert, 92 Yards, ohne dass ihn einer aufhalten konnte. Ein Rekord. Und viele glaubten jetzt noch weniger als zuvor an Manning.

Aber der Quarterback bestand alle Herausforderungen, während es in Strömen regnete. Manning gewann den Titel des wertvollsten Spielers und endlich auch einen Platz in der Ruhmeshalle des American Football. „Die Botschaft, die dieses Team verbreitet, ist: Man muss durchhalten“, sagte Indianapolis-Headcoach Tony Dungy. Auch ihm hatten sie nachgesagt, er werde es nie schaffen. Einer, der nie seine Stimme hebt, der nicht flucht wie ein Bierkutscher, nicht wie ein Irrer herumtanzt an der Seitenlinie, wirkt in der Branche der Egomanen wie ein komischer Kauz. Als Dungy und Manning 2002 in Indianapolis gemeinsam an die Arbeit gingen, dachten alle, sie hätten dort ein Meisterteam zusammen. Doch dreimal in den vergangenen vier Jahren schieden sie jeweils gegen den späteren Super-Bowl-Sieger aus, und die Leute begannen zu zweifeln.

Der tief religiöse Dungy nimmt die jahrelange Arbeit, die nun doch noch zum Ziel führte, als Metapher auf das Leben: „Der wirkliche Test für einen Mann, für einen Champion ist, ob er weitermachen kann, auch wenn sich die Dinge nicht zu seinen Gunsten entwickeln. Und genau das haben wir getan.“ Dungy, über den gemunkelt wird, er erwäge den Rückzug aus dem Geschäft, jetzt, da er 51 Jahre alt ist, wird in die Geschichte des Spiels nicht nur als leise und beharrlich eingehen, sondern auch als erster Headcoach afro-amerikanischer Abstammung, der den wichtigsten Titel im American Football gewonnen hat. „Ein großartiges Gefühl“, sagte er, „ich möchten diesen Sieg jenen widmen, die vor mir da waren. Großartige Jungs, die dasselbe getan hätten, wenn man ihnen eine Chance gegeben hätte.“ Wie seine eigene Zukunft aussieht, darüber will Dungy erst nach den Siegesfeiern entscheiden.

Es war ein langer, nasser Arbeitstag, an dem die Colts die so hoch gelobte Defensive aus Chicago einfach zermürbten. Aus Angst vor dem einen langen tödlichen Pass, den Manning zu werfen in der Lage ist, versuchten die Bears, das ganze Feld abzudecken. Was dem Colts-Quarterback die Gelegenheit gab, sie mit präzisen, scharfen Kurzpässen auseinanderzunehmen.

Yard um Yard arbeiteten sich die Colts voran, was nicht gleich zum großen Punktgewinn führte, wohl aber dazu, dass die gegnerischen Verteidiger in der zweiten Hälfte stehend k.o. waren. Manning ließ ihnen keine Ruhe, keine Luft zum Atmen, keine Zeit, den Helm abzusetzen. Und als Chicagos Quarterback Rex Grossman endlich die Gelegenheit hatte zu punkten, da warf er das Lederei direkt in die Arme des Gegners.

Ihm war es vorbehalten, an dem Abend, an dem so viele Vorurteile zerstört wurden, die auf ihn gemünzten für die nächste Saison zu konservieren: Gestern Weltklasse, heute Kreisklasse, und morgen? Wie man mit solchen Etiketten am besten umgeht, sollte er in einer stillen Stunde am besten Manning fragen.

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