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Sport: Aufstand in Katalonien

Der FC Barcelona ist in der größten Krise seiner Geschichte, die Fans fordern den Rücktritt des Präsidenten

Barcelona. In den Radiosendern Barcelonas erklingen dieser Tage nicht nur Weihnachtslieder. Das am häufigsten gespielte Stück ist auf katalanisch und hat keinen feierlichen Tenor. „President, fot el camp!“, zu Deutsch: „Präsident, räume das Feld“ - so lautet der Titel. Freilich, staatstragende, politische Dimension hat das Liedchen nicht. Vielmehr sportliche. Der 16fache spanische Meister FC Barcelona steckt zurzeit in einer Krise, die in der 103-jährigen Geschichte des Klubs einmalig ist. Als Hauptschuldigen an der Misere haben die Fans Vereinspräsident Joan Gaspart ausgemacht.

Es wird keine vorweihnachtliche Ferienreise, die den FC Barcelona am Sonnabend zum Punktspiel beim RCD Mallorca (Liveübertragung auf Premiere ab 21.30 Uhr) führt. In der spanischen Meisterschaft steht Barcelona vor dem Spiel so schlecht da wie seit 23 Jahren nicht: Der Klub ist nur zwei Punkte von den Abstiegsplätzen entfernt. Zuletzt verlor Barcelona am Sonntag im eigenen Stadion gegen den zuvor auswärts sieglosen FC Sevilla mit 0:3. Der Präsident aber sieht sich an der Situation unschuldig. „Ich werde nicht zurücktreten“, erklärt Gaspart. „Ich habe nichts Böses getan, sondern mein Leben und meine Arbeit für Barça gegeben.“

Seit der Partie gegen den FC Sevilla scheut Gaspart die Öffentlichkeit. Gaspart nahm nicht an der Weihnachtsfeier des klubeigenen Nachwuchs-Internats teil. Die Fans hatten ihn heftig ausgepfiffen, mit einer Unterschriften-Aktion seinen Rücktritt gefordert und nun ist da noch dieser Schmäh-Song.

Der 58-jährige Erbe eines Hotelkonzerns versuchte indes, Überzeugungsarbeit in der Führungsetage des Klubs zu leisten. Doch Treueschwüre erhielt Gaspart nicht. Vor drei Tagen ist Vizepräsident Gabriel Masfurroll zurückgetreten, der auf die Schnelle zum Nachfolger von Masfurroll berufene Joan Castells gab am Freitag auf. „Differenzen in der Frage der Führung des Klubs sind der Grund meines Rücktritts“, sagte Castells. Er war seit Amtsantritt von Gaspart im Juli 2000 schon der fünfte Vizepräsident im Verein.

Gaspart übernahm das Präsidentenamt damals von Josep Luis Nunez, der den Klub 20 Jahre geführt hat. Ein Erfolg bringendes Konzept scheint Gaspart seit seinem Amtsantritt nicht zu haben. Gaspart ließ teure Spieler verpflichten, die bei Barcelona nicht die erwünschte Leistung zeigten – wie der spanische Nationalspieler Gaizka Mendieta.

Doch auch Trainer Louis van Gaal steht in der Kritik. Etwa weil er den Argentinier Juan Ramon Riquelme nach Meinung der Anhänger viel zu selten einsetzt. Das Verhältnis zwischen dem Holländer und seinen Spielern scheint indes nicht gestört. „Wir haben keine Zweifel an van Gaal. Er ist der ideale Trainer, um uns aus dieser Situation wieder herauszuführen“, sagt Kapitän Luis Enrique. „Die Mannschaft vertraut ihm.“

Wie lange noch? Nach dem Spiel auf Mallorca dürfte sich zeigen, ob die Spieler den Schulterschluss mit ihrem Trainer machen werden. Sollte der FC Barcelona wieder verlieren, werden die Spieler bei ihrer Rückkehr auf das Festland sicher nicht nur Liedchen über ihren ungeliebten Klubpräsidenten zu hören bekommen.

Harald Irnberger

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