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Sport: Auftrag zum Auslandseinsatz

Immer mehr deutsche Volleyball-Stars hören auf Bundestrainer Moculescu: Sie verlassen die Bundesliga

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Frank Dehne verspürte Lust auf Neues. Sieben Jahre lang hatte er dem Volleyball-Bundesligisten SC Charlottenburg als Zuspieler gedient. Am Ende der vergangenen Saison bat er Kaweh Niroomand um ein Gespräch. Dehne teilte dem SCC-Manager mit, er werde künftig in Frankreich bei Rennes Etudiants CV spielen. Dehne ist 27 Jahre alt – und Nationalspieler. Er erfüllte mit dem Wechsel nicht nur seinen lange gehegten Wunsch, sondern auch den des Bundestrainers Stelian Moculescu. Der gebürtige Rumäne hat immer wieder gefordert: „Für die Entwicklung des deutschen Volleyballs ist es unerlässlich, dass unsere besten Spieler im Ausland Erfahrungen sammeln.“

Und die deutschen Nationalspieler hören auf Moculescus Rat. Christian Pampel zum Beispiel. Der überragende Spieler bei der EM in Deutschland verließ den VfB Friedrichshafen, um beim italienischen Zweitligisten Esse Ti Loreto für ein geschätztes Jahreseinkommen von 60 000 Euro die Bälle zu schmettern. Der Aufforderung zum Auslandseinsatz sind auch andere Nationalspieler gefolgt: Stefan Hübner, Björn Andrae und Norbert Walter sind in Italien gelandet, Wolfgang Kuck spielt in Frankreich.

Für Moculescu sind das von Vernunft getragene Entscheidungen, denn „nur der ständige Vergleich mit den weltbesten Spielern bringt unsere Nationalspieler wirklich weiter. Die Ligen in Italien, Frankreich und sogar Polen sind einfach besser.“ Aber was ist mit der Volleyball-Bundesliga? „Natürlich verarmt die Liga ohne Cracks wie Pampel oder Andrae“, gibt Götz Moser, der Vizepräsident des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV), zu. Trotzdem unterstützt der Verband Moculescus Vorstellungen uneingeschränkt. „Es macht doch Sinn, wenn in der Bundesliga die Plätze frei werden für junge Leute wie Schöps oder Kromm,“ sagt Moser. Sowohl der 20-jährige Jochen Schöps (jetzt VfB Friedrichshafen) als auch der 19-jährige Robert Kromm (SCC) sind im Berliner Nachwuchsteam VC Olympia gereift.

Das Problem ist allerdings, dass Spitzenteams wie der VfB Friedrichshafen oder der SCC ihr Niveau halten wollen. Das geht nun mal nicht nur mit deutschen Talenten. Also werden Ausländer verpflichtet. „Friedrichshafen hat sich diesmal nicht bloß eine Europa-, sondern eine Weltauswahl zusammengeholt“, lästert SCC-Manager Niroomand. Zwei Brasilianer, zwei Kroaten und einen Griechen hat der VfB verpflichtet. Nur: Der SCC ersetzt Abwanderer Dehne durch Jaroslov Skach – und der ist Tscheche.

Die durchweg positive Wirkung der EM in Deutschland droht zu verpuffen, wenn nun wirklich zusätzliche Zuschauer zu den Bundesligaspielen in die Hallen kommen, aber die deutschen Stars nicht mehr sehen können. Dass die Abwanderung der besten deutschen Nationalspieler auf Kosten der Attraktivität der Bundesliga geht, ist dem DVV durchaus bewusst. Aber Vizepräsident Moser sagt: „Es ist doch in allen Sportarten so: Wenn die Nationalmannschaft stark ist, färbt das auf die Liga ab.“

Moculescu rückt deshalb keinen Deut von seiner Forderung ab, die besten deutschen Spieler ins Ausland zu schicken. Dabei ist auch er selbst betroffen. Moculescu trainiert nämlich nicht nur die Nationalmannschaft, sondern auch den VfB Friedrichshafen. Sein Vorteil: Er sieht seine drei in diesem Jahr von Friedrichshafen nach Italien abgewanderten Nationalspieler Andrae, Pampel und Walter ab und zu wieder: bei Lehrgängen der Nationalmannschaft oder bei Länderspielen. Für alle anderen Bundesliga-Trainer hat Götz Moser einen Trost: „Es kommen doch neue Pampels und Andraes nach.“ Wenn man sie entsprechend ausbildet.

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