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Der Glamour ist weg. Ex-Nationalspieler Giuseppe Signori ist wegen des Wettskandals verurteilt worden. Foto: dpa

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Sport: Augen zu und weiter

Italien tut sich schwer mit der Aufklärung des Manipulationsskandals

Nicht das Image des ganzen italienischen Fußballs ist angeschlagen. Es handelt sich nur um einzelne Personen, die das Ansehen der Sportart beschädigen. Zu dieser besänftigenden Schlussfolgerung verleitet der Urteilsspruch der ersten Instanz der Disziplinarkommission des italienischen Fußballverbandes FIGC. Sie bestätigte in dieser Woche weitgehend die Strafen, die der Ankläger Stefano Palazzi im Manipulationsskandal gefordert hatte. Zur Debatte stand allerdings nur ein kleiner Teil der von Staatsanwälten, Wettanbietern und Medien als verdächtig eingestuften Spiele.

Danach wurden die wichtigsten Drahtzieher der Spielabsprachen und Wettbetrügereien zu fünf Jahren Sperre und einem darauf folgenden lebenslangen Betätigungsverbot in allen der FIGC angeschlossenen Ligen verurteilt. Dies betrifft auch den früheren Nationalspieler Giuseppe Signori, den die Staatsanwälte aus Cremona, deren Operation „Last Bet“ die Manipulationen aufgedeckt hatte, für den Kopf der so genannten Bologneser Gruppe halten. Ebenfalls zu fünf Jahren plus lebenslänglich wurden der Ex-Profi Antonio Bellavista, der Sportdirektor des Drittligisten Ravenna Calcio, Giorgio Buffone, und der Wettbürobetreiber Massimo Erodiani verurteilt. Von noch aktiven Profis traf dieses Verdikt den Zweitliga-Spieler Vincenzo Sommese (Ascoli) sowie die Drittliga-Akteure Carlo Gervasoni (Cremona) und Marco Paoloni (Cremona und Benevento). Deren Machenschaften lösten den Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft Cremona aus.

In der Serie A wurden nur der Kapitän von Aufsteiger Atalanta Bergamo, Cristiano Doni (drei Jahre, sechs Monate) und dessen Mannschaftsgefährte Thomas Manfredini (drei Jahre) belangt. Ihr Arbeitgeber konnte sich über einen Strafrabatt freuen. Statt wie gefordert mit minus sieben startet der Aufsteiger nun nur mit minus sechs Punkten in die am 27. August beginnende Saison. FIGC-Ankläger Palazzi vergab zwei Minuspunkte pro Anklagepunkt für Vereinsangehörige und einen Zusatzpunkt bei „besonderer Schwere des Vergehens“. Andere Vereine erhielten noch mehr Strafverkürzung. Drittligist Benevento geht mit neun statt 14 Minuspunkten in die neue Saison, Cremonese mit sechs statt neun Punkten. Bei Zweitligist Ascoli blieb es bei den geforderten sechs Zählern. Die einzigen Vereine, die ähnlich hart wie die Einzelpersonen belangt wurden, sind die Drittligisten Alessandria und Ravenna. Sie müssen zwangsabsteigen. Hier konnten die Staatsanwälte Führungspersonen Spielabsprachen nachweisen.

Die Urteile sind allerdings noch nicht endgültig. Für Dienstag ist die Verhandlung der zweiten Instanz geplant. Giuseppe Signori kündigte bereits Berufung an, ebenso Atalanta Bergamo und US Cremonese. Prozessbeobachter gehen von einem ähnlichen Szenario wie bei der Aufarbeitung des Schiedsrichterbestechungsskandals im Jahr 2006 aus. Dort wurden die Strafen von Instanz zu Instanz milder. Lediglich Juventus Turin musste absteigen. Das jetzige Juve-Management versucht in diesen Wochen gerichtlich, die vom heutigen FIGC-Ankläger Palazzi sanktionierte Aberkennung des Meistertitels 2006 rückgängig zu machen und Schadensersatz vom Verband zu erhalten.

Einsicht in schuldhaftes Verhalten einzelner Angestellter ist im italienischen Fußball nicht sonderlich verbreitet. Wie schon der 2006 zur Calciopoli-Aufarbeitung engagierte Wirtschaftsexperte Guido Rossi beklagten auch die aktuellen Richter „eine Omerta“ im Fußballmilieu, ein Schweigegebot, das eine Aufklärung der Manipulationen erschwere. Dass nicht der gesamte Sumpf trockengelegt wurde, zeigt sich daran, dass die Disziplinarkammer nur über jene 18 Spiele befand, welche die Staatsanwaltschaft Cremona in einer ersten Phase im Visier hatte. Bei mindestens 30 Spielen der italienischen Ligen hatten Wettanbieter Unregelmäßigkeiten festgestellt. Das Sportgerichtsverfahren dient damit eher der Beruhigung anstatt der Aufklärung.

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