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Augenringe: Wer zuerst brüllt...

Die tägliche Olympia-TV-Kolumne: Heute ärgert sich Frank Bachner über das Heer der Brüller und Kreischer, die die Winterspiele manchmal unerträglich machen.

Lindsey Vonn stürzt, Maria Riesch verteidigt Platz eins, holt Gold in der Super-Kombination, es hätte also zum Schlimmsten kommen können. Das Schlimmste wäre gewesen, wenn ARD-Mann Bernd Schmelzer dieses Rennen kommentiert hätte. Keiner verkörpert so sehr den Marktschreier-Typ wie Schmelzer. Kurzatmig, fast hyperventilierend brüllt er, wie super, wie verrückt, wie sensationell doch alles ist, distanzlos wie der Chef eines Fanklubs. Gut, der Zuschauer will Emotionen, er will mitleiden, der Kommentator muss diesen Wunsch bedienen, aber er ist nicht als Fan mit Mikrofon in Vancouver. Er hat einen Job zu erfüllen: distanzierter Journalismus, trotz Emotionen. Aris Donzelli vom ZDF schrammte auch schon an der Grenze, als er bei Riesch brüllte: „Das“ – Pause – „ist“ – Pause – „mehr“ – Pause – „als“ – Pause – „Silber.“

Es gibt einen in diesem Heer der Brüller und Kreischer, der als Kontrastprogramm auffällt. Jedenfalls als Light-Version. Daniel Weiss kommentiert Eiskunstlauf, meist mit jener Mischung aus Emotionen und Zurückhaltung, die einem das beruhigende Gefühl gibt, dass der Eignungstest für Kommentatoren doch nicht darin besteht, dass man auf dem Wochenmarkt am lautesten Obst und Gemüse anpreisen kann. Weiss war selber mal Eiskunstläufer, er lässt Bilder sprechen, er nimmt sich oft zurück, er kritisiert fundiert, und Bronze von Szolkowy/Sawtschenko jammerte er nicht zu einer Tragödie hoch, dass man am liebsten Trauerflor tragen würde. Er sagte einfach: Mehr war die Leistung nicht wert. Andererseits, manchmal geht’s auch mit ihm durch. Das Pathos zu Beginn ihrer Kür: „Unsere Gedanken sind bei dem Paar“, das hätte er sich sparen können. Bei diesem Satz waren unsere Gedanken mal ganz kurz bei Bernd Schmelzer. Lustig war das nicht.

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