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Schwer zu greifen. Jan-Ingwer Callsen-Bracker bejubelt sein Siegtor.

© dpa

Augsburger Erfolgsserie: Einfach gut

Über die Relegation reden sie schon gar nicht mehr beim FC Augsburg. Mit simplen Mitteln ist der Aufsteiger zur drittbesten Mannschaft der Rückrunde aufgestiegen. Damit konnte niemand rechnen.

Jan-Ingwer Callsen-Bracker wird bald 29 Jahre alt, es werden also noch ein paar Jahre vergehen, bis er das Rätsel auflöst, das er der Bundesliga am Samstagnachmittag in die Kameras pantomimisiert hat. Beide Daumen aneinandergelegt, dazu die Zeigefinger abgespreizt – könnte ein „Z“ symbolisieren. Vielleicht heißt seine Freundin ja Zoé … Oder es war eine Bewerbung an Real Zaragoza … Oder eine Anspielung auf Zorro, den Freund der kleinen Leute auch im Fußball …? „Sorry, aber das kann ich euch nicht verraten“, sprach der Verteidiger des FC Augsburg nach seinem Tor zum 1:0-Sieg beim Hamburger SV. „Da müsst ihr schon warten, bis ich meine Karriere beende“, aber das dauert eben noch ein bisschen.

Es ist ja nicht so, dass Callsen-Bracker und seine Kollegen der Bundesliga in Hamburg viele Rätsel aufgegeben haben. „War kein besonders gutes Spiel“, befand Mittelfeldmann Tobias Werner. Die Augsburger standen einigermaßen geordnet am eigenen Strafraum und verfolgten amüsiert, wie der HSV seine Torchancen verschluderte und sonst an seine Grenzen stieß beim Versuch, diesen Riegel zu knacken. „Ich glaube, wir hätten hier auch noch drei Stunden weiterspielen können, ohne ein Gegentor zu kassieren“, sagte Callsen-Bracker. Zum Interview trat er in schwarzer Unterwäsche vor die Kameras. „Die Fans wollten unbedingt was haben, und das Trikot war schon weg“, da hat er eben noch die Hose über den Zaun geworfen zu den vielleicht 1000 mitgereisten Augsburgern.

15 Punkte aus neun Spielen hat Augsburg seit Januar geholt. Drei Siege und drei Unentschieden bedeuten hinter Bayern und Dortmund Platz drei in der Rückrundentabelle, und selbstverständlich spielen sie auch im nächsten Heimspiel gegen Hannover „auf drei Punkte“ (Trainer Markus Weinzierl). Platz 15 und damit der direkte Verbleib in der Liga ist so verführerisch nah. Über die Relegation reden sie schon gar nicht mehr beim FC Augsburg, dessen Daseinszweck in der allgemeinen Einschätzung doch darin bestehen sollte, der Spielvereinigung Greuther Fürth einen edlen Kampf um den vorletzten Platz zu liefern. „Man hat uns die Erstligareife abgesprochen“, sagte Tobias Werner, und es war deutlich zu hören, was er und seine Kollegen von dieser Einschätzung halten und welche Motivation sie daraus ableiten.

Der Bundesligadebütant Markus Weinzierl galt noch im Herbst in Wettbüros als todsicherer Tipp für die nächste Trainerentlassung. Doch der FC Augsburg trennte sich lieber von seinem Manager Jürgen Rollmann und engagierte dafür den früheren Weltmeister Stefan Reuter, der in Hamburg nun sehr zufrieden über Konter und Standards und Defensivverhalten referierte. Nach dem Trainer fragt schon seit Wochen niemand.

Weinzierl verfügt über die Gabe, das Spiel auf die einfachen Dinge zu reduzieren. Freistoß, Kopfball, Tor, dazu gefühlt – aufgerundete 15 Prozent Ballbesitz – mehr brauchten die Augsburger nicht zum Sieg in Hamburg. „Unsere Standards waren super“, sagte Jan-Inger Callsen-Bracker, was ein bisschen übertrieben war, denn eigentlich war da nur dieser eine Freistoß von Tobias Werner auf seinen Kopf. „Das studieren wir jede Woche im Training ein“, sagte Trainer Weinzierl. „Schön, dass es mal so deutlich zu sehen war.“

War am Ende gar nichts Besonderes an diesem Ausflug nach Hamburg? Oh doch! Mit kindlicher Freude referierte der Fußballprofi Tobias Werner, worauf sie sich in der Mannschaft schon vor dem Spiel gefreut hatten: „Heute sind wir früh zu Hause, denn wir reisen mal mit dem Flugzeug.“ Womit wir wieder bei Jan-Ingwer Callsen-Brackers Rätsel wären. „Z“ wie „Zugrestaurant“ (plus Siegerbier) fällt als Lösungswort also auch weg.

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