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Stabile Seitenlage. Felix Neureuther hat in diesem Winter schon so viel Erfolg im Weltcup gehabt, dass nun auch eine WM-Medaille von ihm erwartet wird. Foto: dpa

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Sport: Aus dem Schatten der Frauen

Die gute Weltcup-Bilanz weckt bei den deutschen Fahrern vor der Ski-WM in Schladming Begehrlichkeiten.

Es ist immer wieder das gleiche Gefühl, das Wolfgang Maier vor einer Ski-Weltmeisterschaft beschleicht. Seit 20 Jahren ist er bei Titelkämpfen dabei, zunächst als Trainer, seit 2007 als Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV). Aber stets überwiegt die Skepsis, egal, wie die Saison bis dahin gelaufen ist. Auch dieses Mal mag er sich nicht richtig freuen auf die am Dienstag mit dem Super-G der Frauen beginnende WM in Schladming. Man sei eben schon oft mit guten Aussichten angereist, sagt er: „Und dann haben wir keine Medaille gewonnen.“ Aber manchmal auch unverhoffte Erfolge gefeiert, wie 2001 in St. Anton, mit Kombinationsgold für die bis dahin verletzte Martina Ertl und Abfahrts-Bronze für Florian Eckert.

Die Medaille des Lenggriesers vor zwölf Jahren war die letzte bei einem Großereignis für die deutschen Männer, mal abgesehen vom nicht so prestigeträchtigen Teamgold 2005. Dieses Mal sind die Chancen so gut wie schon lange nicht mehr, dass wieder einmal ein DSV-Mann auf dem WM-Podium landet. Denn Fritz Dopfer, Stefan Luitz und vor allem Felix Neureuther sorgten bisher für eine prächtige Bilanz in diesem Weltcup-Winter. Achtmal standen die drei insgesamt auf dem Podium und damit sogar einmal mehr als die erfolgsverwöhnten Frauen mit Maria Höfl-Riesch, Viktoria Rebensburg und Lena Dürr. Maier kann sich nicht erinnern, wann es das zum letzten Mal gab. „Da muss man schon weit zurückdenken. Nicht einmal in der Ära von Markus Wasmeier und Armin Bittner standen die Männer häufiger auf dem Podium als die Frauen.“

Als Wolfgang Maier den Posten des Alpindirektors übernahm, „gingen wir kritisch über die Bücher“ und erkannten die Mängel schnell. Die athletische Ausbildung war nicht gut genug und die Umfänge zu gering. Außerdem lief es im Trainerteam nicht rund, weil es, so Maiers Ansicht, „zu viele ausländische Trainer gab“. Im Weltcup fokussierte sich damals fast alles auf Felix Neureuther als einzigen Weltklasseathleten. Aber auch er schöpfte sein Potenzial nicht aus. Maier ließ Trainingsprogramme überarbeiten und legte mehr Wert auf Leistungskriterien. Dann tauschte er Trainer solange aus, bis die Mischung stimmte. Mittlerweile arbeiten in den Nachwuchskadern ehemalige Rennläufer wie Markus Eberle, Andreas Ertl oder Christian Wanninger. Sie kennen das System und haben genügend Engagement, um die Nachfolger in die Spur zu bringen.

Nicht nur im Weltcup, dem Schaufenster des Skisports, zeigen sich Erfolge, auch im Europacup, der Stufe darunter, sind deutsche Athleten präsent auf den vorderen Plätzen, sowohl in den technischen als auch in den schnellen Disziplinen. Aber in Abfahrt und Super-G geht es noch immer nicht wie erwünscht voran. Kleinen Erfolgserlebnissen folgten stets Dämpfer. Tobias Stechert schaffte zu Saisonbeginn mit Rang fünf in Lake Louise und glänzenden Leistungen im Training den Sprung in die Weltelite, dann verletzte er sich. In Schladming wird der Oberstdorfer wohl sein Comeback geben, aber Maier ist bewusst, dass er nicht sofort anschließen wird an die Leistungen zu Saisonbeginn. „Wenn alles gut läuft“, sagt Maier, „kann er einen Platz zwischen zehn und fünfzehn schaffen.“

Vielleicht auch ein bisschen mehr, aber das sagt der Alpindirektor nicht öffentlich. Im Gegenteil, er hat ein bisschen Sorge, dass die guten Leistungen vor allem von Neureuther zu überhöhten Erwartungen führen könnten. Deshalb hat er vor kurzem ein Gespräch geführt mit „den Jungs“, wie er sagt. Er redete mit Neureuther, Dopfer und Luitz über den Umgang mit den Begehrlichkeiten, die die Erfolge geweckt haben. „Wir wollen nicht, dass wir in die Position des Müssens reingedrückt werden.“

Es ist gut für den DSV, dass er sich nicht um die zuletzt diskutierten Vorgaben des Deutschen Olympischen Sportbundes kümmern muss. „Die sind nicht relevant für uns, weil wir nicht öffentlich gefördert werden“, sagt Maier. Aber natürlich gibt es auch verbandsintern Ziele, und mit drei Medaillen wirken sie angesichts der zuletzt schwankenden Leistungen der Frauen fast ein bisschen ambitioniert.

Die alpine Abteilung ist eben das Aushängeschild des DSV. Das machte Präsident Alfons Hörmann 2009 nach den WM-Titeln von Kathrin Hölzl und Maria Höfl-Riesch, die eine Krise mit vier Großereignissen nacheinander ohne Medaillen beendet hatten, deutlich. „Der DSV steht und fällt wesentlich mit dem alpinen Bereich“, sagte Hörmann – und machte sich damals vermutlich keine Freunde bei den so erfolgreichen Biathleten.

Maier will das Abschneiden bei der WM aber nicht zu hoch bewerten. Natürlich liege kurzzeitig „ein gewisser Fokus“ darauf, weil der Sport medial in den Mittelpunkt rücke. „Aber der Skisport würde nicht nachhaltig geschädigt werden, wenn wir keine Medaille gewinnen. Denn die Ergebnisse, die die Jungs zuletzt eingefahren haben, stehen so dominant über dem Thema“, ist er sich sicher. Vor allem aber hofft er es, der WM-Skeptiker Maier.

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