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Sport: Aus Liebe zur Ordnung

Huub Stevens hat mit dem HSV Erfolg – nicht immer mit attraktivem Fußball

Von Karsten Doneck, dpa

Kürzlich war Huub Stevens mal wieder in seinem Element. Da wollte ihm ein Journalist ein paar freundliche Worte entlocken über Stürmer Ivica Olic. Sicher kein Problem. Der Hamburger SV, von Stevens trainiert, hatte gerade den Deutschen Meister VfB Stuttgart 4:1 abgewatscht, drei der vier Tore hatte Olic erzielt. Doch Stevens reagierte unwirsch auf die Frage. Erst funkelten seine Augen unter dem glatt gestriegelten Haar kleine Zornesblitze in Richtung des Fragenstellers, dann legte er los. „Es ist so einfach, so leicht, immer nur einzelne Leute hervorzuheben, immer nur der Einzelne zählt“, grantelte er mit einschüchternder Boshaftigkeit in der Stimme. Um dann belehrend hinzuzufügen: „Wir haben eine gute Leistung als Mannschaft gebracht, Olic ist nur Teil der Mannschaft.“ Basta.

So ist er, dieser Huub Stevens. Enge Bekannte schätzen den Holländer als humorvollen, eloquenten Gesprächspartner. Aber nach außen hin gibt er oft den knorrigen, finsteren, übellaunigen Zeitgenossen, dessen Weg man an manchen Tagen besser nicht kreuzt. Einer, der hinter jeder Frage erst einmal eine Falle vermutet. Den „Knurrer aus Kerkrade“ hat ihn der „Kicker“ mal genannt.

Huub Stevens kann sich derlei Launen leisten. Er bewegt sich derzeit an seinem Arbeitsplatz in Hamburg weit abseits aller Kritik. Der Erfolg spricht für ihn. Der HSV ist Tabellenzweiter. In 26 Bundesligaspielen unter Stevens blieb der HSV 21- mal ungeschlagen (davon 16 Siege), die Aufgabe morgen gegen Hertha BSC gilt auch nicht als unlösbar. Der HSV ist zudem im Uefa-Pokal gut dabei und im DFB-Pokal steht er im Achtelfinale.

Robin Dutt hat in der vorigen Saison im DFB-Pokal mit dem Regionalligisten Stuttgarter Kickers den damals noch von Thomas Doll trainierten HSV sensationell ausgeschaltet. Als Trainer des SC Freiburg feierte Dutt am Mittwoch ein Wiedersehen mit den Hamburgern im Pokal, schied mit 1:3 aus und stellte fest: „Dieser HSV – das ist kein Vergleich mit der Mannschaft vor einem Jahr, allein schon was Körpersprache der Spieler und Organisation angeht.“ Kein Wunder, dass der HSV-Chef Bernd Hoffmann kürzlich verbreiten ließ: „Es wäre schön, wenn Huub noch zehn Jahre unser Trainer bleiben würde.“

Über derlei langfristige Bindungen gibt es geteilte Meinungen. Den Anstoß zu einer Diskussion über Stevens hatte ausgerechnet ein Berufskollege geliefert. Hans Meyer, der Trainer des 1. FC Nürnberg, fühlte sich nach der 0:1-Niederlage seiner Elf in Hamburg bemüßigt, Stevens den Rat zu erteilen, der HSV sei zwar erfolgreich, er müsse es „nun aber auch hinkriegen, attraktiv zu spielen“. Ein Stich in die offene Wunde. In 14 der 26 Spiele unter Stevens blieb der HSV ohne Gegentor, sieben 1:0-Siege weist die Statistik auf. Mitunter ist das Auftreten der Mannschaft von Zweckmäßigkeit geprägt und taktisch geschliffen, aber damit oft auch fade, unspektakulär, ja sogar langweilig. „Wir haben wenig Chancen zugelassen“, lautet einer der Standardsätze von Stevens.

Stevens war schon zu seinen Schalker Zeiten ein Verfechter klarer Ordnungen auf dem Platz. Und Ordnung schafft Stevens am liebsten erst einmal vor dem eigenen Tor. Schalke 04 bot unter ihm wenig attraktiven Fußball, holte 1997 aber den Uefa-Pokal. Stevens genießt seitdem Heldenstatus in Gelsenkirchen. Nur bei Hertha BSC ging sein Konzept nicht auf. Nach 522 Tagen und 13 Gegentoren in den letzten drei Spielen wurde er am 4. Dezember 2003 entlassen. Letzter Auslöser der Trennung war ein Stevens-untypisches 1:6 der Hertha im DFB-Pokal bei Werder Bremen. Es war das erste Mal, dass sich ein Verein vorzeitig von Stevens trennte.

Der Vertrag des 53-Jährigen beim HSV läuft bis Juni 2008. In der Winterpause soll über eine Verlängerung geredet werden. Stevens ist unschlüssig, weil seine in Holland lebende Ehefrau Toos an einer schweren Darmerkrankung leidet, eine weitere Operation steht ihr bevor. Wie denkt Stevens über eine Vertragsverlängerung? „Das ist jetzt kein Thema.“ Er knurrt die Worte mehr, als dass er sie ausspricht. Typisch Huub Stevens eben.

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