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Markus Gisdol steht mit dem HSV da, wo der HSV meistens steht - auf dem Relegationsrang.

© Reuters

Auslaufen mit Lüdecke: Darf der HSV wirklich hoffen?

Irgendwie kriegen die Hamburger den Abstieg nicht hin, aber nach vorne geht auch nichts. Und nun? Unser Kolumnist analysiert den Spieltag.

Die Analysen der Trainer sagen viel aus. Sehr viel sogar. In aller Regel weniger über das Spiel, sondern mehr über die Trainer. Und ihre gegenwärtige Situation. Vor drei Wochen attestierte Bayerns Carlo Ancelotti nach einem 0:2 gegen Hoffenheim, seine Mannschaft habe zu „95 Prozent alles richtig gemacht“. Auch der Sportlaie durfte hier die Vermutung hegen, dass daran irgendetwas nicht stimmen kann. Nun ist Ancelotti entlassen. Und zwar zu 100 Prozent.

Der Trainer des Hamburger Sportvereins hat sich auch zum Spiel seiner Mannschaft geäußert. Der HSV steht derzeit auf Platz 16 der Tabelle. Das ist eine schlechte Platzierung, aber immerhin genau die seit Jahren angestammte Tabellenposition. Bei den Hamburgern ist die Situation vertrackt. Irgendwie kriegen sie den Abstieg nicht hin, aber nach vorne geht auch nichts. Seit fünf Spielen haben sie kein Tor geschossen. Und wie interpretiert Trainer Markus Gisdol das Spiel vom Samstag? Es gäbe viel Hoffnung für die Zukunft, und sie wären der absolut verdiente Sieger gewesen, sagte er.

Waren sie aber nicht. Sie haben nämlich 0:0 gespielt. Zu Hause. Gegen Werder Bremen. Ein Team, das in der Tabelle noch schlechter dasteht als der HSV und saisonübergreifend seit zehn Spielen nicht mehr gewonnen hat. „Hoffnung für die Zukunft“ ist genau das, was der HSV im Moment eben nicht hat. Es ist eher etwas, das sich der Trainer wünscht. Auch für sich selbst. Vor der Saison konnte man bei einem Wettanbieter auf Trainerentlassungen spekulieren. Die schlechteste Quote war mit einem Einsatz auf den HSV-Trainer verbunden. Die Kapitalmärkte sind da unerbittlich, sie hören auf keine Rhetorik. Sie gucken nur, was ist. Und was ist in Hamburg? Wenig Hoffnung.

Die Trainerrhetorik funktioniert natürlich auch in die entgegengesetzte Richtung. Dortmunds Peter Bosz war der Ansicht, seine Mannschaft hätte „keinen guten Fußball gespielt und in der zweiten Halbzeit dann gar keinen mehr“. Das ist hart. Warum sagte er denn nicht, es sei „ein toller Kampf“ gewesen, ein Signal oder so was, irgendwas, das Hoffnung mache für die Zukunft? Weil er es nicht nötig hat. Dortmund gewann in Augsburg, ist Tabellenführer, hat noch kein Spiel verloren und erst zwei Gegentore kassiert. Wenn man die Dinge souverän im Griff hat, kann man sich die Wahrheit leisten.

Und umgekehrt. So ist es wohl in vielen Bereichen des Lebens. Martin Schulz etwa ist zwar kein Fußballtrainer. Aber er hat auch gerade von Hoffnung gesprochen und von wichtigen Impulsen für die SPD.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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