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Warum so nachdenklich? Jos Luhukays Team wurde nach dem Bayern-Spiel von Lob nur so überschüttet.

© AFP

Auslaufen mit Lüdecke: Nur knapp vorbei am Sonderheft

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt jeden Montag in seiner Kolumne über die Fußball-Bundesliga. Heute erklärt er, warum Hertha der Liga Hoffnung macht: Vielleicht wird es demnächst auch anderen gelingen, gegen die Bayern knapp zu verlieren.

Das Spitzenspiel des Wochenendes fand in München statt. Dort traf die beste Mannschaft der Welt auf die beste Mannschaft Berlins. Das versprach Spannung. Und das Spiel nahm einen sensationellen Verlauf. Hertha BSC ist das erste Team der Liga, das in München während der 90 Spielminuten aus dem eigenen Strafraum heraus gekommen ist! Mehrfach sogar. „Bravo!“ riefen die Zuschauer von den Rängen! „Sensationell!“ analysierten die Kommentatoren. Denn das kennt man in München gar nicht. Doch nicht nur das. Hertha gewann 55 Prozent der Zweikämpfe, schoss zwei Tore, traf einmal die Latte und spielte auch sonst sehr ansehnlich. Gegen Ende sah es sogar nach der ganz großen Sensation aus. Einem Unentschieden. Der „Kicker“ plante bereits ein Sonderheft. Die ARD einen „Brennpunkt“.

Nach dem Spiel gab es beim Münchner Trainer Pep Guardiola kein Halten mehr. Hertha BSC! Das sei das beste Team gewesen, gegen das seine Mannschaft bislang gespielt hätte. Das ist sehr freundlich vom Spanier und dieses Lob kann man nur zurückgeben. Auch Bayern München war das beste Team, gegen das Hertha in dieser Saison spielte. Drei Tore gegen die Berliner zu erzielen – Chapeau! Das schaffte bislang nur ein Zweitligist, im Pokal. Und wenn Sie mich fragen, Bayern ist noch einen Tick stärker als Kaiserslautern.

Gewonnen haben die Münchner letztlich durch die taktische Raffinesse ihres Trainers. Dieser Guardiola ist aber auch ein Fuchs. In so einem wichtigen Spiel nimmt er frühzeitig mit Toni Kroos und Arjen Robben zwei internationale Stars vom Feld. Und was macht er, der verrückte Spanier? Ersetzt sie durch zwei unerfahrene Bankdrücker. Wirft sie einfach mal so in Wasser. Plötzlich spielten also ein gewisser Götze, Mario und ein Mandzukic, Mario. Doch die beiden waren überhaupt nicht nervös und machten ihre Sache prima. Sie schossen sogar sämtliche Tore für ihr Team. Das muss dem Guardiola erst mal einer nachmachen. Solche Entscheidungen zeichnen absolute Spitzentrainer aus.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.
Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

© Zeichnung: Tsp

Die Berliner aber wurden für ihre knappe Niederlage von ganz Fußball-Deutschland mit Lob überschüttet. Das mache der gesamten Liga Mut, schrieben die Gazetten. Und wer weiß? Vielleicht wird es demnächst auch anderen Mannschaften gelingen, gegen die Bayern knapp zu verlieren. Für die Attraktivität der Liga wäre das natürlich klasse.

Während sich die Qualität des Fußballspiels immer weiter verbessert, kann das von der mentalen Beschaffenheit einiger seiner Anhänger leider nicht behauptet werden. In Hannover riefen aufgebrachte Fans nach einem tollen Spiel, aber zwei Roten Karten gegen ihr Team: „Alle Schiedsrichter töten!“. Hier könnten Attraktivität und Ansehen der Liga auch dadurch gesteigert werden, wenn Teile der Hannoveraner Zuschauer demnächst einfach mal ihre Klappe halten würden.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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