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Auslaufen mit Lüdecke: Putin oder Braunschweig?

Ist es angesichts der weltpolitischen Spannungen überhaupt angemessen, über arrogante Bayern zu schreiben? Unser Kolumnist hat sich mal wieder Gedanken gemacht zum zurückliegenden Bundesliga-Wochenende - und landet schließlich bei den Grünen.

Zunächst einmal, der Mann dieses Spieltages: Werder-Stürmer Aaron Hunt. Nachdem der Schiedsrichter auf Elfmeter für Bremen entschieden hatte, wies Hunt den Unparteiischen darauf hin, dass es sich nicht um ein Foul gehandelt habe und korrigierte so die Fehlentscheidung. Kommt selten vor, so etwas und sollte deswegen unbedingt lobend erwähnt werden. So viel zu diesem Spieltag. Ich muss leider bekennen, mich umfängt dieses Wochenende eine kleine mentale Schreibhemmung.

Weil ich mich frage: Ist es angesichts der aktuellen weltpolitischen Spannungen wirklich angemessen, darüber zu berichten, wie hoch der FC Bayern München diesmal gewonnen hat? Interessiert das jemanden? Ob Matthias Sammer arrogant ist? Oder wie die Chancen auf Braunschweigs Klassenerhalt stehen?

Viel spannender ist doch, was uns Claudia Roth mitzuteilen hat. In einer großen Boulevardzeitung – darf ich hier eigentlich „Bild“ sagen? – wahrscheinlich besser nicht. Also in einer großen Boulevardzeitung hat die Sportphilosophin Claudia Roth angeregt, Wladimir Putin – gemeint hat sie natürlich das Gastgeberland Russland – die Fußball- Weltmeisterschaft 2018 wegzunehmen. Was für ein Paukenschlag!

Nach den Vorstellungen von Claudia Roth soll die Fifa damit politischen Druck ausüben. Die Fifa! Nun ist ja gerade die Fifa für ihr dezidiert politisches Engagement bekannt. Vielleicht könnte man auch eine Menschenrechtskommission unter Führung von Joseph Blatter einsetzen. Wie erfolgreich ein solches Unterfangen wäre, kann ich nicht beurteilen. Ich halte es ehrlich gesagt für wahrscheinlicher, dass Putin auch die Fifa übernimmt. Und dann finden ab 2018 sämtliche Fußballweltmeisterschaften in Russland statt. Und zwar alle zwei Jahre. Mit Endspielen auf der Krim. Man muss also verdammt vorsichtig sein.

Sie merken schon, ich befinde mich hier in einer gefährlichen Grauzone. Für eine Fußballglosse ist ziemlich viel von Wladimir Putin die Rede. Und zu wenig von Eintracht Braunschweig. Aber Sport und Politik sind nicht immer haarscharf zu trennen. Das ist mir auch vor ein paar Tagen aufgefallen. Da sah ich ein Bild in einer anderen Zeitschrift. Darf ich „Spiegel“ sagen? Dieses Bild zeigte den höchsten Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees. Er heißt Thomas Bach. Und man sah ihn lachend und Sekt trinkend mit einem Mann, dem Claudia Roth gerade die WM wegnehmen will.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.
Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

© dpa

Ich fand die gezeigte Situation angesichts der aktuellen politischen Lage ziemlich unpassend. Ich empfand sogar eine gewisse Art der Empörung. Inzwischen bin ich aber unsicher geworden. Vielleicht war ja Thomas Bach in Menschenrechtsfragen unterwegs? Und er versuchte in Sotschi auf einem Sektempfang über das IOC politischen Druck auf Russland auszuüben? So, wie Claudia Roth das mit der Fifa vorschwebt?

Letztlich kann ich das nicht genau beurteilen. Das Einzige, was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass Eintracht Braunschweig absteigt, wenn sie jetzt nicht endlich mal ein Spiel gewinnen.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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