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Glaubt BVB-Trainer Jürgen Klopp, es wird alles noch viel schlimmer?

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Auslaufen mit Lüdecke: Borussia Dortmund: Eine Hinrunde zum Vergessen

Borussia Dortmund ist vergesslich. Ständig lassen sie etwas liegen. Punkte zum Beispiel. Und mittlerweile steht die Mannschaft nicht nur wie ein Abstiegskandidat am Tabellenende – sondern spielt auch so. Eine Glosse.

Es scheint, als würden die Menschen in diesen Tagen immer vergesslicher. Manche irren ziellos durch die Abteilungen der Warenhäuser, weil sie vergessen haben, was sich ihre Liebsten eigentlich zum Fest wünschen. Andere geben auf Demonstrationen Interviews, vergessen aber, dass sie gar keine Demonstranten sind, sondern RTL-Reporter. Und Uli Hoeneß hat plötzlich vergessen, warum er eigentlich ins Gefängnis musste. Was hat das alles mit Fußball zu tun?, werden Sie fragen. Nun, die Vergesslichkeit greift auch im Fußball um sich.

Nehmen wir den Fußballer Marco Reus. Er liebt teure Autos und fährt einen Aston Martin, oft zu schnell. Hat aber vergessen, einen Führerschein zu machen. Die Fahrstunden hatte er noch genommen, vor Jahren. Aber die Prüfung vergessen. Das war natürlich blöd, wie er später auch selber einräumte. Auch für die Polizei eine missliche Situation. Wie soll man jemandem einen Führerschein abnehmen, der gar keinen hat? Also haben sie ihm Geld abgenommen. Davon hat er genug.

Das kommt davon, wenn man vergesslich ist. Reus Arbeitskollege Shinji Kagawa hat im Spiel gegen Bremen auch etwas sehr Wesentliches vergessen. Nämlich, wie man einen Ball freistehend aus kürzester Entfernung ins Tor bringt. Früher wusste er es noch. Diesmal landeten seine Versuche im Nirwana. Und die Dortmunder Abwehr vergaß gleich mehrfach, im eigenen Strafraum freistehende Bremer Gegenspieler zu decken. Dafür wurde sie natürlich prompt bestraft, zweimal.

Wer Dortmunds Abschneiden zu Saisonbeginn getippt hätte, könnte sich jetzt mehrere Aston Martins leisten

Diese blöde Vergesslichkeit! Genau genommen ist die ganze Dortmunder Mannschaft vergesslich. Ständig lassen sie etwas liegen. Punkte zum Beispiel. Was haben die Dortmunder in dieser Hinrunde an Punkten liegen gelassen. Mal in Mainz. Mal in Köln. Dann in Paderborn. Das war schon tragisch. Eben noch Meisterschaftsaspirant und nun stehen sie wie ein Abstiegskandidat am Tabellenende. Und ehrlich gesagt – inzwischen spielen sie auch so. Also zum Vergessen. Die Dortmunder haben nach der Hinrunde 30 Punkte Rückstand auf den FC Bayern München. In Worten: Drei-ßig. Wer das zu Saisonbeginn getippt hätte, könnte sich jetzt mehrere Aston Martins leisten. Und die Strafen für zu schnelles Fahren und den fehlenden Führerschein dazu.

Als Verfolger von Bayern München können wir die Dortmunder schlichtweg vergessen. Allerdings auch alle anderen 16 Konkurrenten. Es gibt diesmal leider keine Verfolger von Bayern München. Ein Verfolger ist ja seinem Widersacher sprichwörtlich „auf den Fersen“ und in Sichtweite. Die Wolfsburger als Zweite haben aber bereits elf Punkte Rückstand und können die Bayern nur deshalb noch sehen, weil sie bereits einmal überrundet wurden. Nein, das können wir auch vergessen.

Trainer Jürgen Klopp hat nach dem verloren Spiel gegen Bremen angekündigt, die Saison sei noch nicht zu Ende. Mit dieser Einschätzung liegt er sicher richtig. Nur – war das jetzt eine Kampfansage? Oder glaubt er, es wird alles noch viel schlimmer?

Also, ich möchte nicht, dass Dortmund absteigt. Ich möchte nicht, dass man in drei Jahren fragt: Kannst du dich noch erinnern? Diese Mannschaft, in Schwarz-Gelb? Die so erfrischenden Fußball spielte?

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Frank Lüdecke

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