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Er Philosoph, sie Kanzlerin: Als Kapitän der Nationalmannschaft bekam Philipp Lahm von Angela Merkel 2014 das Silberne Lorbeerblatt überreicht.

© Wolfgang Kumm/dpa

Auslaufen mit Lüdecke: Sportphilosoph und Kanzlerin

Etwas ereignisarm war der Spieltag, fand unser Kolumnist. Spannender war da das Interview von Philipp Lahm mit Angela Merkel, der die Kanzlerin mit kritischen Fragen löcherte.

Am Samstagnachmittag stand Hannover 96 an der Spitze der ersten Liga. Das hat es seit 48 Jahren nicht gegeben! Eine Sensation, ohne Frage. Viele kennen Hannover ja nur als Autobahnkreuz und wissen gar nicht, dass dort immer noch Fußball gespielt wird. Ansonsten war der Spieltag – abgesehen von ein paar fürchterlichen Verletzungen – sagen wir mal ... etwas ereignisarm. Deshalb erlaube ich mir die journalistische Freiheit, auf die Ergebnisse eines spektakulären Interviews hinzuweisen, das der Sportphilosoph Philipp Lahm mit der Kanzlerin Angela Merkel eine Woche vor den Bundestagswahlen im Fachmagazin „Bild am Sonntag“ führte.

Hier erfahren wir nämlich, dass sich Frau Merkel bei der WM 2006 in der Kabine der deutschen Mannschaft nicht mit deren Ruhm schmücken wollte, denn sie habe ja gar nicht gespielt. In der Tat, das ist absolut richtig und deckt sich exakt mit meiner Erinnerung an die Weltmeisterschaft von vor elf Jahren. Merkel war nicht aufgestellt. Philipp Lahm schon. Und für ihn waren „ihre Reden in der Kabine immer etwas Besonderes“. Was vielleicht weniger über ihre Reden etwas aussagt als über Philipp Lahm selbst.

Keine Selfies mehr im Supermarkt

Aber egal. Überraschend fand ich seine Frage: „Wie viele Tage im Jahr sind Sie Angela Merkel?“ Was hatte der Dialektiker da im Sinn? Geht er davon aus, es gäbe Tage im Jahr, da sei Angela Merkel jemand anderes? Aber wer? Wer sollte sie denn sein? Philipp Lahm jedenfalls nicht, denn das ist er ja selbst. Die Kanzlerin antwortete in bemerkenswerter Knappheit: „365.“ Ein klares, offenes und auch sehr menschliches Statement.

Durch sein hartnäckiges Nachhaken gewährte die First Lady dem ehemaligen DFB-Kapitän dann aber doch diskrete Einblicke in ihr Privatleben. So macht sie im Supermarkt keine Selfies mehr, weil „am Schluss immer falsche Sachen im Korb waren“. Huch? Warum das denn? Greift die Kanzlerin aus Verwirrung zu Waren, die sie gar nicht haben möchte? Oder wird ihr von Unbekannten in böswilliger Absicht etwas Falsches zugesteckt? Diese Frage wurde leider nicht hinreichend geklärt.

Philipp Lahm resümierte schließlich, dass Politik und Fußball zwei verschiedene Sachen seien, und da stimme ich ihm absolut zu. Wenn es sein muss, 365 Tage im Jahr. Aber Lahm glaubt trotzdem, „dass man von beiden vieles lernen kann“. Hier überlege ich allerdings noch, was genau das sein könnte.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.

Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt bei uns jeden Montag über die Fußball-Bundesliga.
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© Zeichnung: Tsp

Frank Lüdecke

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