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Benedikt Höwedes, 23 (l.), bestritt gegen Österreich sein drittes Länderspiel. Der Kapitän des FC Schalke 04 gilt als Option für die rechte Außenbahn. Foto: dapd

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Sport: „Außen fehlt Auswahl“

Benedikt Höwedes über deutsche Verteidiger und die jungen Konkurrenten im Nationalteam

Herr Höwedes, wissen Sie wer beim Debüt von Jürgen Klinsmann als Bundestrainer im August 2004 die deutsche Innenverteidigung gebildet hat?

Na prima. Muss ich das wissen?

Es waren Thomas Linke und Frank Fahrenhorst.

Echt? Der Frank spielt jetzt noch bei uns mit den Amateuren.

Jetzt gibt es ein Überangebot an guten Innenverteidigern. Was ist passiert?

Die Position des Innenverteidigers ist für das Spiel zunehmend wichtiger geworden. Im modernen Fußball sind die Innenverteidiger die ersten, die das Spiel eröffnen, die einen guten ersten Ball spielen müssen. Also ist in der Nachwuchsarbeit darauf ein Schwerpunkt gelegt worden.

Als ein solcher sind Sie ausgebildet worden. Vor zwei Jahren wurden Sie mit U-21-Auswahl Europameister.

Ja, wenn Sie so wollen, bin ich ein klassischer Innenverteidiger. Aber in der Nationalmannschaft bin ich bisher als rechter Verteidiger zum Einsatz gekommen. Und ich denke, dass ich meine Sache ganz ordentlich gemacht habe. Ich kann also auch anders.

Wie unterscheiden sich beide Posten?

Wie schon gesagt, als Innenverteidiger muss man das eigene Spiel mit einem guten Pass, idealerweise einen in die Tiefe, eröffnen können. Als Außenverteidiger ist dafür eine größere Laufbereitschaft gefragt, und man muss gute Flanken schlagen können. Auch im defensiven Verhalten gibt es ein paar kleine Unterschiede.

Warum gilt ein Innenverteidiger irgendwie mehr als ein Außenverteidiger?

Ist das so? Das sehe ich so nicht.

Aber man hört von vielen talentierten Abwehrspielern immer wieder, dass sie sich eher in der Innenverteidigung sehen. Wie erklären Sie sich das?

Gute Frage. Ich weiß es wirklich nicht. Wahr ist, dass wir viele gute Innenverteidiger haben, die ihre Rolle in ihren Vereinen super ausfüllen. Außen fehlt uns derzeit vielleicht eine solche Auswahl. Aktuell können aber Christian Träsch und ich die Rolle spielen, ebenso Jerome Boateng. Auch als rechter Verteidiger, wo es gerade eine Vakanz gibt, kann man ins Blickfeld rücken.

Dann gilt also für einen Spieler wie Sie die Maxime: Hauptsache rein in die Mannschaft, egal auf welcher Position?

Das ist verknappt, aber nicht falsch. In der Jugend war ich sogar Stürmer, aber das lassen wir lieber. Natürlich bin ich erst einmal froh, dass ich dabei bin. Und natürlich spiele ich gern die Position, auf der ich es am ehesten ins Team schaffe.

Nach Manuel Neuers Weggang sind Sie bei Schalke 04 zum Kapitän bestimmt worden. Stärkt das Ihre Position in der Nationalmannschaft?

Die Frage kann Ihnen der Bundestrainer beantworten. Aber schädlich ist es bestimmt nicht, schließlich zeigt es, dass man im Verein mir zutraut, dieser Verantwortung gerecht werden zu können.

Und das mit 23 Jahren…

Die vergangenen Jahre im Fußball haben doch gezeigt, dass das Alter nicht die entscheidende Rolle spielt. Außerdem war Manuel Neuer auch nicht älter, als er bei uns in Schalke zum Kapitän bestimmt wurde. Gerade auch in der Nationalmannschaft haben wir hier unglaublich junge Spieler dabei. Mario Götze ist 19, Toni Kroos 21. Die bringen erstaunliche Leistungen. Da geht die Entwicklung klar hin. Viele Trainer schenken den jungen Spielern einfach das Vertrauen, vorausgesetzt, sie sind gut. Und die jungen Spieler zahlen das Vertrauen ja auch zurück. Mit meinen 23 Jahren sollte ich eigentlich noch zu den jungen Spielern zählen, aber bei mir im Verein ist das nicht mehr so. Bei uns auf Schalke spielen wir Training manchmal Jung gegen Alt. Raten Sie mal, in welchem Team ich spiele...

Heute gibt es viele talentierte Spieler. In der Nationalmannschaft ist gar kein Platz für alle. Das sah, wie wir 2004 gesehen haben, schon mal anders aus. Sind Sie in der falschen Zeit groß geworden?

So denke ich überhaupt nicht. Jeder Fußballer möchte immer mit möglichst guten Leuten zusammenspielen. Das erhöht ja die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Ich empfinde die Konkurrenzsituation sogar als förderlich. Ich muss stets dran bleiben und mich entwickeln. Keiner darf sich auch nur einen Moment lang ausruhen.

– Das Gespräch führte Michael Rosentritt.

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