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Sport: Aussprachen und Ohrfeigen

Bei Werder Bremen streiten sich nach dem verpatzten Start in die Rückrunde die Spieler mit dem Trainer

Bremen. Mit schnellen Schritten verließ Krisztian Lisztes das Weserstadion. Irgendwie hatte es das kickende Personal von Werder in den Mittagsstunden eines verregneten Sonntags in Bremen ziemlich eilig. Nichts wie weg. „Ich habe nichts zu sagen“, sagte der Ungar Lisztes im Vorbeimarsch. Die schlechte Laune des Ungarn war verständlich. Denn derzeit passieren Dinge beim SV Werder Bremen, „die kann man nicht erklären“, wie Sportdirektor Klaus Allofs findet. Die Überraschungsmannschaft der Hinrunde ist zur Lachnummer der Bundesliga mutiert. Das 0:3 bei Bayer Leverkusen am Sonnabend markiert den vorläufigen Tiefpunkt. Sechs Spiele und nur ein Punkt – Werder präsentiert sich wie ein Abstiegskandidat. Wie im Vorjahr ist der Start in die Rückrunde vermasselt, die gute Ausgangslage binnen weniger Wochen verspielt.

Den Misserfolg bekommt die sportliche Leitung zu spüren, die sich derzeit verzweifelt im Schulterschluss gegen die Profis formiert. Über eine halbe Stunde redeten am Sonntag Trainer Thomas Schaaf und Klaus Allofs auf die Spieler ein, die sich unter der Woche selbst zu einer Aussprache ohne Trainer und Sportdirektor getroffen hatten. Genutzt hatte das Treffen nichts – die Bremer Vorstellung in Leverkusen belegte es. „Es wäre an der Zeit, dass von den Spielern Taten kommen“, sagt Allofs. „Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder rückt man zusammen oder macht sich gegenseitig Vorwürfe.“ Letzteres ist in der vergangenen Woche passiert. Öffentlich stellten die Spieler Frank Verlaat und Johan Micoud Taktik und Training des Trainers in Frage. Trainer Schaaf reagierte gereizt: „Selbst wenn es Differenzen geben sollte, kann man sich trotzdem auf dem Platz einsetzen.“

Nun ja, zurzeit scheint mancher Bremer seine Energie anderswo einzusetzen – zum Beispiel Micoud. Der verpasste vor einer Woche einem Reporter der „Bild-Zeitung“ eine Ohrfeige und beschimpfte den Journalisten zudem. Irgendwie passt es derzeit allerorten bei Werder nicht. Die Probleme beginnen bereits im Tor: Der ebenso wie Pascal Borel nicht überzeugende Torhüter Jakub Wierzchowski patzte am Sonnabend in seinem dritten Spiel zum zweiten Mal - und trug eine Halbzeit lang versehentlich gar ein Trikot ohne Werbe-Aufdruck. „Auch das darf nicht sein“, sagt Allofs.

Werder hat am Dienstag Gelegenheit, die Geschehnisse von Leverkusen Geschichte werden zu lassen. Mit einem Sieg im DFB-Pokal-Halbfinale beim 1. FC Kaiserslautern wären sportliche und wirtschaftliche Sorgen reduziert, ein Platz im europäischen Wettbewerb fast sicher. „Die Mannschaft spielt auch um ihre Zukunft“, sagt Allofs.

Ansonsten hat der Sportdirektor, einen Verkauf der Leistungsträger Ailton oder Kristajic schon angekündigt: „Wir können nicht jedes Jahr Minus machen.“ 3,5 Millionen Euro betrug der Verlust im vergangenen Jahr – Zusatzeinnahmen sind nur über die Pokal-Wettbewerbe in Sicht. Wie Werder Bremen in der derzeitigen Verfassung in Kaiserslautern bestehen will? Darüber konnte am Sonntag in Bremen noch niemand Genaues sagen. Hinter Lisztes kam nach dem Training Wilfried Sondag als Zweiter aus der Kabine, auch er wortlos. Dabei ist der Mann Mentaltrainer bei Werder Bremen, allerdings ist anscheinend auch er mit seinen Möglichkeiten am Ende.

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