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Sport: Australian Open: Capriati - nur ganz anders

Jennifer Capriatis Problem ist, dass so viele Menschen immer noch dieses Foto vor ihrem geistigen Auge sehen: Die Olympiasiegerin 1992 mit leeren Augen und aufgequollenem Gesicht im Polizeigewahrsam in Florida. Nach Hasch-Konsum und Ladendiebstahl.

Jennifer Capriatis Problem ist, dass so viele Menschen immer noch dieses Foto vor ihrem geistigen Auge sehen: Die Olympiasiegerin 1992 mit leeren Augen und aufgequollenem Gesicht im Polizeigewahrsam in Florida. Nach Hasch-Konsum und Ladendiebstahl. Das war am 16. Mai 1994.

Knapp sieben Jahre danach steht die jetzt 24-Jährige erstmals im Finale eines Grand-Slam-Turniers. Und will nicht mehr mit dem Foto von 1994 konfrontiert werden. So war es nur zu verständlich, dass sie nach ihrem glatten 6:3, 6:4-Erfolg über Titelverteidigerin Lindsay Davenport in Melbourne fast flehendlich bat: "Ich möchte gerne darüber reden, was ich heute als Tennisspielerin erreicht habe." Nicht weniger als eines der erstaunlichsten sportlichen Comebacks.

Auch wenn sie morgen im Endspiel gegen die brillant aufspielende Weltranglisten-Erste Martina Hingis nur Aussenseiterin ist. Jennifer Capriati ist dennoch zuversichtlich: "Ich hatte immer das Gefühl, zu den Topspielerinnen zu gehören, ich hätte schon früher große Siege feiern sollen. Hier spüre ich eine große Selbsicherheit, und mein Spiel hat das gezeigt." Zwölf Monate ist es her, seit sie bei den Australian Open schon das Halbfinale erreichte. Bereits 1999 war sie bei den French Open im Achtelfinale. Im Jahr 2000 hat sie sich mit dem Turniersieg in Luxemburg und den Achtelfinals in Wimbledon und bei den US-Open wieder oben etabliert. Im Februar 1996 hatte Jennifer Capriati in Essen ihr Comeback gefeiert, als sie dank einer Wildcard ins Hauptfeld kam und sofort bis ins Viertelfinale vorstieß. Seitdem hat sie sich langsam aber stetig wieder nach vorne gearbeitet. Ein völlig anderer Aufstieg als in ihrem ersten Tennisleben, und sicherlich die größere Leistung.

Als Kind war sie systematisch von Vater Stefano auf eine Karriere vorbereitet worden und hatte als 14-Jährige sofort die Weltrangliste gesprengt. Der Olympiasieg 1992 im Finale von Barcelona mit 16 Jahren gegen Steffi Graf war der Höhepunkt der Wunderkindphase, die gut ein Jahr später so dramatisch endete. "Die Vergangenheit liegt endgültig hinter mir", sagt Jennifer Capriati. Eine erwachsene Frau geht ernsthaft ihrem Job nach. Sie hat an ihrer Fitness gearbeitet, wie es nötig ist, um mit Powerspielerinnen wie Davenport und den Williams-Schwestern mithalten zu können. Ihr Umfeld ist intakt, die Familie steht hinter ihr. Selbst Vater Stefano arbeitet wieder als ihr Coach: "Er kennt mich besser als jeder andere. Ich habe großes Vertrauen in ihn. Aber er sagt mir nicht mehr, wann ich ins Bett gehen soll - meistens jedenfalls."

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