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Sport: Australian Open: Der Glücksritter und der Zen-Meister

Für das Fernsehspektakel am Dienstagabend, den "Kampf der Giganten", war der Preis pro Reklameminute bereits auf 50 000 australische Dollar in die Höhe geschnellt. Und vor dem National Tennis Center in Melbourne hatten Schwarzhändler in den letzten Tagen bereits Tickets für den nächtlichen Showdown von Andre Agassi und Pete Sampras ab 500 Dollar aufwärts verkauft.

Für das Fernsehspektakel am Dienstagabend, den "Kampf der Giganten", war der Preis pro Reklameminute bereits auf 50 000 australische Dollar in die Höhe geschnellt. Und vor dem National Tennis Center in Melbourne hatten Schwarzhändler in den letzten Tagen bereits Tickets für den nächtlichen Showdown von Andre Agassi und Pete Sampras ab 500 Dollar aufwärts verkauft. Wer zugriff, hatte Pech: Denn der Traum, noch einmal ein Grand-Slam-Duell der amerikanischen Altmeister miterleben zu dürfen, zerplatzte am "Super Sunday" der Australian Open mit dem allerletzten Spiel, mit der 7:6, 4:6, 3:6, 4:6-Niederlage von Sampras gegen seinen langjährigen Weggefährten Todd Martin. "Ich fühle mich mies", sagte Sampras, der hier nur 1996 vergleichbar früh ausgeschieden war.

Doch wirklich überraschen konnte der Knockout für den besten Tennisspieler der Moderne nicht: Schon in den ersten Turniertagen hatte Sampras geschwächelt und in drei Runden vierzehn Sätze lang um sein sportliches Überleben fighten müssen. Gegen den Slowaken Kucera und den Argentinier Chelas gelangen dem siebenmaligen Wimbledon-Sieger erst im fünften Akt von Marathonmatches die Befreiungsschläge. "Richtig gut habe ich mich nie in diesem Turnier gefühlt", meinte Sampras, der für das Klima, mal empfindliche Kühle, mal Wüstenhitze, nicht gerüstet schien.

Der Unterschied zwischen Agassi und Sampras sei im Herbst ihrer großen Karrieren wie "Tag und Nacht", meint Australiens Tennis-Legende John Newcombe, "Agassi ist ein besessener Arbeiter, der sich Tag für Tag verbessern will. Und Pete glaubt, dass ihm sein Talent auch jetzt noch ein paar Titel einbringt." Eine Kalkulation, die für Newcombes Ex-Kompagnon Tony Roche danebenzielt: "Ich sehe Pete nicht mehr ganz vorn", sagt Ivan Lendls Ex-Coach. "Er tut zu wenig, um die Herausforderung durch junge Spieler bestehen zu können."

In Melbourne fiel der Kontrast zwischen Agassi und Sampras, Rivalen seit frühesten Jugendzeiten, schroff aus wie selten: Der einstige Glamour-Boy und heutige Fitness-Guru Agassi kreiselte beim 6:7 (1:7), 6:3, 6:0, 6:3 über Andrew Ilie wie ein Irrwisch über den Platz, topfit, austrainiert. Bereit, jeden noch so langen Weg zu gehen. "Ich war körperlich nie stärker als jetzt", sagte Agassi. "Ich möchte nicht noch einmal der Agassi des Jahres 1995 sein." Gegen den "asketischen Zen-Meister des Tennis" ("The Times") verblasste Sampras zu einem Mann mit der Attitüde eines Abdankenden, der sich auf gut Glück durchs Grand-Slam-Feld schlagen wollte. Im Duell mit Todd Martin, den er in 17 von 19 Duellen sonst problemlos bezwungen hatte, war Sampras nur einen Satz lang fähig zur Anstrengung. "Gegen Andre wird es jetzt sicher eine Nummer schwerer", vermutete selbst Sieger Martin.

Sampras blieb, schon am Abend seines frühen Grand-Slam-Scheiterns, nur die Hoffnung, sich seinen letzten Wunsch als Profi zu erfüllen - den Sieg bei den French Open. "Darauf werde ich mich vorbereiten", sagte Sampras, "Und so viel geben wie noch nie." Hoffentlich mehr als in Melbourne.

Jörg Allmeroth

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