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Australian Open: Kürze ohne Würze

Der Finalsieg von Serena Williams offenbart die Schwäche des Frauentennis. In nur 59 Minuten besiegte sie Dinara Safina 6:0, 6:3.

Dinara Safina saß mit Tränen in den Augen auf der Bank, vergrub schließlich das Gesicht in ihrem Handtuch. Sie konnte nicht fassen, dass das Finale bereits zu Ende war. Auf der anderen Seite des Netzes brauchte auch Serena Williams einen Moment, um zu begreifen, dass sie gerade ihren zehnten Grand-Slam-Titel gewonnen hatte. Zu einfach war es gewesen. Nicht einmal eine Stunde benötigte die US-Amerikanerin für ihren 6:0, 6:3-Erfolg gegen Safina und ist damit die neue Nummer eins im Tennis.

„Das war nicht ich auf dem Platz da draußen“, sagte Safina später. Den ersten Satz verschlief die 22-Jährige komplett. Lediglich acht Punkte gelangen der Russin in den 22 Minuten Spielzeit. Serena Williams spielte druckvoll und aggressiv, erlaubte sich im gesamten Match gerade mal sieben unerzwungene Fehler. Den Rest erledigte Safina, die zu selten ihren ersten Aufschlag ins Feld brachte und zu viele Fehler produzierte. „Ich wusste, dass ich die Nummer eins werden kann“, sagte die Russin. Mit diesem Druck konnte sie offensichtlich nicht umgehen. Kurz flackerte zu Beginn des zweiten Satzes Safinas Siegeswille noch einmal auf, doch es gelang ihr bis zum Ende nicht, richtig ins Spiel zu finden. Hilfesuchend schaute sie immer wieder zu ihrem kroatischen Trainer Zeljko Krajan. Als sie beim Spielstand von 1:4 wieder auf den Platz ging, hatte Safina bereits Tränen in den Augen. Nach nur 59 Minuten war das vermeintlich beste Spiel der diesjährigen Damenkonkurrenz relativ unspektakulär beendet: Mit einem Fehler von Safina.

„Ich glaube es war eines meiner dominantesten Matches“, sagte hingegen Serena Williams, die sich sichtlich zufrieden mit rosa Lippenstift und schwarzem Abendkleid den Medienvertretern präsentierte. „Ich wollte unbedingt diesen zehnten Titel.“ Zuvor war der 27-Jährigen auch der achte Titel im Doppel mit ihrer Schwester Venus gelungen.

Trotz eines starkes Auftritts der US-Amerikanerin war das Finale einmal mehr keine gute Werbung für das Frauentennis – wie viele andere Spiele dieser Australian Open. Wenig einfallsreich prügelt der Großteil der Frauen derzeit auf die gelbe Filzkugel ein, sie zeigen selten Variationen wie Stopps oder Netzangriffe. Besonders nach dem atemberaubenden Halbfinale zwischen Fernando Verdasco und Rafael Nadal am Freitag war der Unterschied zu den Frauen gestern frappierend. Selbst im Finale der Frauen blieben deshalb einige der grünen Plastikstühle in der Rod-Laver-Arena frei.

Ob denn nun die neue Nummer eins Serena Williams auch die beste Spielerin sei, wurde Safina hinterher gefragt. „Für mich war Justine die Beste“, antwortete Safina. Seit dem Karriereende der Belgierin Justine Henin sucht das Frauentennis nach Identifikationsfiguren. Serena Williams, die es bereits zum dritten Mal an die Spitze der Weltrangliste schaffte, ist sicherlich so eine. Allerdings widmete sie sich in den vergangenen fünf Jahren zu häufig Akitivitäten außerhalb des Tennisplatzes, um konstant zu spielen. „Es würde mich mehr reizen, die Nummer eins zu bleiben“, sagte Williams und fügte hinzu, sie werde alle wichtigen Turniere in diesem Jahr spielen. Vielleicht reicht das, um auch auf dem Tennisplatz an ihre Dominanz der Jahre 2002/03 anzuknüpfen.

Angesichts des einseitigen Finals blieb dem australischen Fernsehen gestern allerdings nichts anderes übrig, als auf ein anderes Finale hinzuweisen – eines, das etwas mehr Spannung verspricht. Rafael Nadal und Roger Federer stehen sich heute im Männerfinale gegenüber (9.30 Uhr, live auf Eurosport). Und das wird sicher nicht in weniger als einer Stunde zu Ende sein.

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