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Jo-Wilfried Tsonga

© dpa

Australian Open: Mit Wucht ins Finale

Der ungesetzte Franzose Jo-Wilfried Tsonga überrumpelte Rafael Nadal mit seinen eigenen Waffen. Dem umwiderstehlichen Power-Tennis des 22-Jährigen hatte der Spanier nichts entgegen zu setzen.

Seine dunklen Augen spiegelten deutlich wider, wie es in seinem Inneren aussieht. Wut, eine Spur Verzweiflung und purer Unglaube lagen im Blick von Rafael Nadal. Was ihm am Donnerstagabend (Ortszeit) in der Rod Laver Arena widerfuhr, hatte der Weltranglistenzweite schon eine ganze Weile nicht mehr erlebt. Der ungesetzte Franzose Jo-Wilfried Tsonga spielte ihn mit genau der Art Power-Tennis aus, die sonst Nadal selbst so schwer bezwingbar macht. Im Halbfinale der Australien Open fand der Spanier bis zum Ende kein Rezept gegen Tsonga und schied mit 2:6, 3:6 und 2:6 aus. „Ich muss akzeptieren, dass er unglaublich gespielt hat. Ich hatte keine Chance“, sagte Nadal enttäuscht.

Fast unwirklich wirkte das Schauspiel auf dem Centre Court für die Zuschauer: Jeden noch so unerreichbaren Ball schien Tsonga zu erwischen, er spielte alles oder nichts und wurde stets belohnt. Seine wuchtigen Schläge passierten Nadal nach Belieben, der ungewohnte Druck, dem sich der muskelbepackte Spanier ausgesetzt sah, trieb ihn zu Fehlern. Auf der anderen Seite hatte Tsonga, der im Turnier bereits Shootingstar Andy Murray und die gesetzten Spieler Richard Gasquet und Michail Juschni geschlagen hatte, außerdem längst die Zuschauer hinter sich.

Abgeklärt beendete Tsonga das Match mit einem Ass, um dann sein kleines Freudentänzchen zu vollführen, das inzwischen eine Art Markenzeichen geworden ist. „Es ist wie ein Traum. Alles war perfekt heute. Ich habe noch nie auf diesem Level gespielt. Und jetzt gelingt es mir ausgerechnet in einem Grand-Slam-Halbfinale“, freute sich Tsonga.

Dem Sohn eines gebürtigen Kongolesen und Handballspielers und einer Französin ist deutlich anzumerken, wie sehr er diese Glücksmomente zu schätzen weiß. Nach den harten Jahren, in denen ihn schwere Verletzungen jäh zurückgeworfen hatten, scheint seine Zeit nun endlich gekommen. Denn schon als Junior spielte er erfolgreich, stand 2003 sogar auf Platz zwei der Rangliste. Ein Jahr später schien er auf bestem Wege, auch die Herren-Tour zu erobern, als er beim Masters-Turnier in Paris-Bercy einen Bandscheibenvorfall erlitt. Fünf Monate musste er pausieren und lebte in der Unsicherheit, ob er seine Karriere würde fortsetzen können. Die mentale Stärke ist seit der Verletzung Tsongas stärkste Waffe: „Ich habe nicht so viel Talent, aber ich habe die Power und den Willen.“ Endlich schmerzfrei, kämpfte er sich im vergangenen Jahr von Rang 212 auf Platz 38 der Weltrangliste vor.

Am Sonntag wird der 22-Jährige erstmals das Finale eines Grand-Slam-Turniers bestreiten und muss dort vor allem seine „zweite, aggressive Persönlichkeit, die schnell ausflippt“ im Zaum halten. Gegenüberstehen wird ihm entweder Roger Federer oder Novak Djokovic. Tsonga fühlt sich bereit: „Ich wusste immer, dass ich es kann. Aber jetzt ist auch mein Körper bereit.“

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