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Sport: „Authentische Reue“

Dopingsünder Chambers ist nun Footballer und trifft auf Thunder. Hamburgs Vereinschefin verteidigt ihn

Frau Platz, am heutigen Sonntag um 16 Uhr spielt Ihre Mannschaft im Berliner Olympiastadion bei Thunder. Werden die Berliner Zuschauer den ehemaligen Sprintstar Dwain Chambers zu sehen bekommen?

Wahrscheinlich schon. In unserem Auftaktspiel gegen Köln wurde er zwar nicht eingesetzt. Aber unser Trainer Vince Martino hat das schon erklärt: Die Begegnung ist halt so verlaufen, dass es nicht gepasst hat. Allerdings gibt es vier oder fünf Spielzüge, die extra auf Chambers abgestimmt sind.

Kann Chambers denn wirklich Football spielen?

Er lernt schnell. Natürlich kann man nicht in ein paar Monaten alles aufholen, was die anderen Spieler von kleinauf geübt haben. Erstens musst du wissen, wo du hinlaufen sollst, und außerdem musst du wissen, wohin sich die anderen bewegen, das ist gar nicht so einfach. Aber seine Geschwindigkeit ist natürlich sensationell.

Die Vergangenheit von Chambers ist weniger erfreulich. Im Oktober 2003 wurde er positiv auf Dopingmittel getestet und daraufhin gesperrt. Darf etwa ein gedopter Sportler bei Ihnen spielen?

Natürlich nicht. Es gibt viele Kontrollen in der NFL Europa. Chambers selbst geht sehr offensiv mit dem Thema um. Er gibt zu, gedopt zu haben, und er bereut das. Diese Reue ist authentisch, ich glaube ihm auf jeden Fall. Ansonsten hätten wir uns auf die ganze Sache auch gar nicht eingelassen.

Wie sind Sie denn eigentlich an Chambers gekommen?

Den hat sich unser Trainer ausgesucht. Im Trainingscamp hat Chambers sich halt angeboten. Er hat Potenzial.

Ein PR-Gag ist das also nicht?

Nein. Chambers hat sich überlegt, wie er seine Talente außerhalb der Leichtathletik nutzen kann. Und da ist Football eine gute Option. Die versucht er jetzt wahrzunehmen.

John David Washington, der Sohn des Hollywood-Stars Denzel Washington, spielt ebenfalls in Hamburg.

Ja, der wurde uns allerdings zugeteilt von der NFL, der Mutterliga der NFL Europa.

Also doch ein PR-Gag?

John David ist ein sehr talentierter Spieler.

Aber eingesetzt wurde er noch nicht.

Die Konkurrenz auf seiner Position ist sehr groß. Wir haben zwei ausgezeichnete Running Backs mit NFL-Erfahrung. Da hat Washington es einfach schwer. Im letzten oder vorletzten Jahr wäre er möglicherweise sogar ein Starter gewesen, sagen viele.

Ein bisschen helfen die beiden prominenten Spieler Ihnen aber schon bei der Öffentlichkeitsarbeit.

Ja, hinderlich ist das natürlich nicht. Aber so langsam lässt der Hype auch nach. Unabhängig davon geht es in Hamburg mit dem Football voran. Die knapp 21 000 Zuschauer vergangene Woche hatten Spaß bei uns, obwohl wir verloren haben. Das Wetter war auch sensationell. Im vergangenen Jahr hatten wir einen Zuschauerschnitt von knapp 16 000. Aber wir mussten wegen der Fußball-Weltmeisterschaft auch viel früher mit der Saison beginnen, es war kalt. Bei unserem ersten Spiel lag damals sogar Schnee.

Das Gespräch führte Ingo Schmidt-Tychsen.

Kathrin Platz, 41, ist Geschäftsführerin des Footballteams Hamburg Sea Devils, das mit der Verpflichtung von Dwain Chambers und John David Washington Schlagzeilen machte.

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