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Sport: Azurblau, hauteng, griffabweisend: Italienische Trikots setzen den Trend

Von Martín E. Hiller Was haben Deutschland und Frankreich bei der 17.

Von Martín E. Hiller

Was haben Deutschland und Frankreich bei der 17. Fußball-WM gemeinsam? Den Einzug ins Viertelfinale zwar nicht, aber dafür den Schneider. Ebenso wie ein weiterer Weltmeister, Argentinien, laufen beide Mannschaften in gewohnt klassischen Trikots von Adidas auf. Die Hemden des fränkischen Konzerns fallen so weit aus, dass man stets den Eindruck hat, Desailly und Co. trügen eine Nummer zu groß. Und wirklich – das Hemden-Design ist eigentlich unsinnig: In die große Menge Stoff kann der Gegenspieler leicht hineingreifen und so den Träger des Trikots am Fortkommen hindern.

Um dieser Art Foulspiel entgegenzuwirken, hat Kappa ein Trikot entwickelt, das die italienische Nationalelf nun erstmals bei einer Weltmeisterschaft trägt: Das blaue Jersey der Azzuri liegt eng an der Haut und besteht aus einer Mischung von Polyester und Lycra, die sehr glatt ist und die Konturen des Körpers nachzeichnet. In seinem Stil erinnert das Oberteil an die glitzernden Muskelshirts, mit denen gut gebaute junge Männer in Discos auffallen wollen. „Aber wir haben das nicht nur aus modischen Gründen gemacht, wir wollten auch das üblich gewordene Trikotzupfen verhindern", erklärt Kappa-Kundenbetreuer Matthias von Lilienhoff. „Entweder der Gegner bekommt das Trikot nicht zu fassen oder er muss so auffällig daran ziehen, dass es der Schiedsrichter merkt und pfeift."

Nachdem die großen Sportartikelhersteller schon Fußballschuhe entwickelt haben, die aufgrund ihrer speziellen Oberflächengestaltung um die Ecke und demnächst wahrscheinlich durch feste Materie schießen können, ist die Materialschlacht nun auch im Bereich Oberteile eröffnet. Das Prinzip des Kappa-Trikots kannte man zuvor eher vom Wasserball: Die Badehose der Spieler enthält nicht nur den „Tiefschutz“, sondern ist außerdem mit aalglattem Material beschichtet und wird sehr eng gebunden, sodass der Gegner im Unterwasser-Nahkampf abrutschen muss.

Anfangs war der spieltaktische Einsatz von Kleidungsstücken im Fußball den Torhütern vorbehalten: Jorge Campos zum Beispiel gilt als Vordenker der Neonfarben-Theorie. Die grellen gelben und roten Trikots, die der Torsteher der mexikanischen Nationalmannschaft auf dem Platz trug, sollten bei einem Elfmeter den Ausführenden blenden und zu einem Schuss in die Tormitte verleiten.

Andere Berufskollegen, wie der deutsche Torwart Bodo Illgner, taten es dem Mittelamerikaner zunächst begeistert nach, wandten sich jedoch von der Neon-Welle enttäuscht ab, nachdem durchsickerte, dass das Leuchthemd möglicherweise etwaige Minderwertigkeitskomplexe seines Trägers, jedoch kaum die Chancen des Elfmeterschützen herabsetzt.

Eine ganz eigene Strategie verfolgt dagegen Gabor Kiraly. Der Torwart von Hertha BSC trägt seine berühmte graue Schlabberhose nicht, um cool zu sein, er will auf diese Weise vielmehr verhindern, dass gegnerische Stürmer ihm den Ball zwischen den Beinen hindurch ins Tor schieben. „Tunneln" nannte man diesen Trick schon zu einer Zeit, da der Erfolg einer Mannschaft noch ausschließlich von ihrem Können und nicht von der Oberbekleidung abhing.

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