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Zuversicht sieht anders aus. Hoffenheims Trainer Markus Babbel vor dem Spiel im Berliner Olympiastadion.

© dpa

Babbels Rückkehr nach Berlin: Erst ausgepfiffen, dann verloren

Markus Babbel wird in Berlin mit gellenden Pfiffen empfangen und muss hilflos mit ansehen, wie sein neuer Klub sich seinem alten geschlagen gibt.

Das Wetter spielt nicht mit. Wenn es warm und sonnig wäre, das hatte Markus Babbel angekündigt, hätte er jetzt ein T-Shirt an. Dann würde unter dem linken Ärmel eine Fahne hervorwehen – Babbels Hertha-Tattoo. Doch es ist kühl, bewölkt und nieselt, Babbel trägt Jackett und Hemd. Aber dieses Spiel brennt ihm auf der Haut wie eine Tätowiernadel.

Babbel ist wieder im Olympiastadion. Zu Gast mit seinem neuen Verein beim alten, mit dem er vor einem Jahr in die Bundesliga aufstieg und vor etwas mehr als vier Monaten – als Lügner geschimpft – entlassen wurde. Über den er vor diesem Spiel öffentlich viel loswerden wollte. Nun kann er Hertha mit Hoffenheim den Abstieg bringen und vielleicht auch die schlechten Erinnerungen loswerden.

Doch zunächst ist alles wie immer. Babbel hat sich damals wie heute aus dem Hotel Esplanade ins Olympiastadion begeben. Äußerlich scheinbar ungerührt, die Hände in den Hosentaschen, schlendert er zur Trainerbank. „Die Lage im Stadion ist mir ja noch bekannt, ich musste nur etwas früher links zur Kabine abbiegen, sonst war alles normal“, hat er vor dem Spiel den Fernsehreportern gesagt.

Aber doch ist alles anders heute. Als der Stadionsprecher Minuten zuvor den Namen des Gästetrainers nennt, pfeifen die Zuschauer gellend. So laut waren die Unmutsbekundungen der Fans zuletzt nicht einmal gegenüber der eigenen Mannschaft. Babbel nehmen sie offenbar die Umstände seines Abschiedes und/oder die zahlreichen verbalen Störfeuer vor dem Spiel übel.

Das Spiel Hertha gegen Hoffenheim in Bildern:

Babbel gibt sich ungerührt. „Ich will dieses Spiel gewinnen, was natürlich damit verbunden ist, dass Hertha absteigt“, sagt er. Und fügt versöhnlich hinzu: „Ich hätte mir gewünscht, dass es anders kommt und Hertha schon den Klassenerhalt geschafft hat. Das ist sehr schade, wenn man hier mal Teil des Ganzen war.“ Babbel ist jetzt nur noch Teil des Gastes. Aber so ruhig, wie er während der Anfangsphase des Spiels auf der Trainerbank verharrt, ist er nicht. Wer ihn kennt, weiß, dass er während Spielen innerlich brodelt. In diesem hier noch viel mehr.

Doch keine Regung. Während sein Assistent Rainer Widmayer wild gestikuliert und das Hertha-Trainerteam immer wieder Schiedsrichter und Spieler anbrüllt, bleibt Babbel nach außen kalt wie das zugige Olympiastadion.

So lief Herthas Saison 2011/12:

Erst nach zwanzig Minuten geht er zum ersten Mal an die Seitenlinie. Dabei wieder scheinbar lässig die Hände in den Taschen. Wenn, dann wandert nur eine Hand heraus, um wedelnd Anweisungen zu geben. Doch wer genau hinsieht, bemerkt wie angespannt seine Körperhaltung ist. Wie er immer wieder einen Schritt vor und zurück macht, als wüsste er nicht wohin mit der ganzen Anspannung. Früher hat er den ganzen Stress nach den Spielen beim Joggen abgebaut. Sein einstiger Laufpartner von damals, Hertha-Manager Michael Preetz, sitzt einige Meter weit entfernt ebenso steif auf der Berliner Bank. „Er kam mir sehr sachlich vor, wie immer“, sagt Babbel über das Wiedersehen. Der Eindruck täuscht genauso wie bei ihm.

Hier geht es für die einstigen Vertrauten und jetzigen Rivalen um mehr. Ein bisschen geht es auch darum, wer sich nach der Trennung im Streit als der Sieger fühlen darf, weil das Resultat ihm Recht gibt. Aber Babbels Sicht der Dinge verliert hier. Immer sieht er von der Seitenlinie ratlos dem schwachen Auftritt seiner Mannschaft zu, findet nur in seinen Hosentaschen Halt. Nach dem 0:2 versinkt er geschlagen in seinem Stuhl. Doch nach dem Anschlusstreffer geht das Leidwandeln an der Linie wieder los. Nach dem Schlusspfiff schlendert Babbel geschlagen davon, gibt Herthas Torschützen Raffael einen freundschaftlichen Klaps und dann, vor der Berliner Bank, Otto Rehhagel die Hand. Michael Preetz ist nicht zu sehen.

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