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Sport: Ballgewandte Bürokraten

Der AC Mailand und der FC Barcelona glänzen in der Champions League

Barcelona/Manchester Tief im Kabinengang, wo sich Spieler, Trainer und Schiedsrichter ganz nahe kommen, und nur selten eine Fernsehkamera filmen darf, dort kam es am Mittwochabend zu einer besonderen Begegnung. In der Halbzeitpause des Champions-League- Spiels zwischen dem FC Barcelona und dem FC Chelsea ging Frank Rijkaard auf den schwedischen Schiedsrichter Anders Frisk zu. „Ich habe mich gesittet mit ihm unterhalten“, berichtete Rijkaard später. Die Gäste aus London sahen das anders. Sie vermuten einen Versuch der Einflussnahme und wollen nun sogar beim Europäischen Fußballverband Uefa klagen.

Viel ändern dürfte das jedoch nicht an ihrer 1:2-Niederlage in Barcelona. Es war überhaupt ein kurioser Champions-League-Abend. Der AC Mailand zum Beispiel musste bei seinem Auswärtsspiel bei Manchester United auf seinen Mannschaftsarzt Armando Gozzini verzichten. Der hatte sich am Abend zuvor eine Masseurin auf sein Hotelzimmer bestellt. Weil er sich ihr dann in exhibitionistischer Weise gezeigt haben soll, nahm ihn die englische Polizei vorläufig fest. Erst gestern durfte der 44-Jährige wieder nach Hause.

Mehr Blößen, man darf das so sagen, gab sich der AC Mailand in Manchester nicht. Er gewann gegen United 1:0. Die passend zum Schneeregen ganz in Weiß angetretenen Mailänder gewannen in Old Trafford durch einen Abstauber von Hernan Crespo. Der Argentinier hatte schon beim 2:2 im Länderspiel gegen Deutschland vor zwei Wochen in Düsseldorf beide Tore für sein Team erzielt.

Selbst Bürokraten-Fußball kann wunderschön sein, wenn die Angestellten so souverän über den Rasen stolzieren und den Ball so fürsorglich behandeln wie die Mailänder. Manchester United kapitulierte vor so viel intelligenter Zerstörungskraft. Milan spürte, dass der Gegner anfällig war. „Wir haben Rhythmus und Geschwindigkeit diktiert“, freute sich Trainer Carlo Ancelotti über die nahezu perfekte Leistung seiner Mannschaft. Der Mann ist ein bisschen beleibt und sieht sehr zugänglich aus, spricht aber wie seine Männer spielen: nichts rauslassen, nichts hergeben, dicht halten. Immer höflich. Immer defensiv. Eben kein Südamerikaner, wie der von Chelsea ausgeliehene Crespo, der bei seiner Rückkehr nach England wie ein Gepard über den Platz gejagt war und seinen Treffer hinterher mit einem riesigen Strahlen im Gesicht als „herrliches Erlebnis“ beschrieb.

Gegen dieses Milan im Stadion San Siro zwei Tore zu schießen – eigentlich unvorstellbar. Die meisten United-Spieler versuchten sich gar nicht erst in Durchhalteparolen. Roy Keane, der sich immer wieder im weißen Mittelfeld- Stahlnetz verfangen hatte, huschte mit einer schwarzen Mütze und Kapuze auf dem Kopf davon. Quinton Fortune schlich aus der Kabine und lächelte dabei wie einer, der gerade sein ganzes Vermögen in einem Börsencrash verloren hatte. „Ich bin schuld“, sagt er traurig, „weil ich vorne das Tor nicht gemacht habe, und hinten Seedorf beim Schuss nicht richtig zugestellt habe.“

In Europas Süden sagte ein Beteiligter lieber gar nichts zum Ausgang des Spiels. Chelseas Trainer José Mourinho wollte nach der Niederlage seiner Mannschaft in Barcelona nicht an der Pressekonferenz teilnehmen. Seine Absage könnte Chelsea nun sogar eine Geldstrafe einbringen. Vielleicht ärgerte sich Mourinho auch noch über das Gespräch seines Kollegen Rijkaard mit dem Schiedsrichter.

Große Freude herrschte dafür bei Barcelona. „El Mundo Deportivo“ schrieb: „Super-Lopez! Das Spiel war ein einziger Monolog des FC Barcelona.“ Ausgerechnet ein Nebendarsteller wurde zum Gewinner. Der Argentinier Maxi Lopez war erst in der Winterpause verpflichtet worden und bisher kaum zum Einsatz gekommen. Doch am Mittwoch erzielte er den Ausgleich und bereitete auch noch Samuel Eto’os Siegtreffer vor. Tsp/raho

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