zum Hauptinhalt
Kaman

© dpa

Basketball: Bogenschütze am Ball

Wie NBA-Profi Chris Kaman Deutscher wurde. Der Center soll bereits beim Olympia-Qualifikationsturnier ab Mitte Juli in Athen für Deutschland auflaufen.

Chris Kaman sagt von sich selbst: „Ich mache halt die interessanten Sachen, die kein anderer NBA-Spieler tun würde.“ So bastelte der Basketballprofi der Los Angeles Clippers aus dem Filmmaterial, das er auf einer Fahrt im Wohnmobil von Michigan nach Alaska aufnahm, einen Dokumentarfilm, wie er der deutschen Basketball-Fachzeitschrift „Five“ zu Jahresbeginn erzählte. „Sports Illustrated“ gewährte er vor einigen Jahren einen Hausbesuch und zeigte dabei freimütig seine Messersammlung, seine ferngesteuerten Autos und seinen Schrank mit 1600 DVDs. Videospiele sind sein größtes Hobby, seit er der Pfeil- und-Bogen-Leidenschaft nicht mehr ungestört frönen kann. „Die Polizei kam zu mir, weil bei meinem Nachbarn einer der Pfeile im Dach steckte“, erzählte er.

Ob der Mann auch bei der deutschen Basketball-Nationalmannschaft ein paar Verrücktheiten einführen wird, hat er noch nicht verraten. Am Mittwoch wurde der 26-jährige Amerikaner, der deutsche Urgroßeltern hat, eingebürgert und nahm im deutschen Konsulat in Los Angeles seinen Personalausweis entgegen. Vor seinem ersten Einsatz muss der Deutsche Basketball-Bund (DBB) noch mit den Clippers und der NBA die Versicherungsfrage klären. „Es ist nicht zu erwarten, dass das ein Problem wird“, sagt DBB-Präsident Ingo Weiss.

Oberstes Ziel ist es, dass der Center beim Olympia-Qualifikationsturnier ab Mitte Juli in Athen für Deutschland auflaufen kann. Kamans Einsatz an der Seite des deutschen NBA-Stars Dirk Nowitzki würde die Chancen, eines der drei Tickets für Peking zu erkämpfen, erheblich steigern. Übergeordnete sportliche Interessen waren es auch, die Innenminister Wolfgang Schäuble der Einbürgerung zustimmen ließen. Kaman musste keine Deutschkenntnisse nachweisen, hat aber laut Innenministerium einen Wohnsitz in Deutschland angemeldet, in Münster.

In der abgelaufenen Saison war er mit durchschnittlich 15,7 Punkten und 12,7 Rebounds fünftstärkster Center der Liga. „Nowitzki will eine Medaille bei Olympia gewinnen, und ich glaube, ich kann ihm dabei helfen“, hat Kaman unlängst gesagt. Nowitzki war es auch, der den Kontakt zum DBB herstellte. In dem Interview mit „Five“ hatte Kaman enthüllt, dass er deutsche Urgroßeltern hat. Er habe über einen Einsatz für Deutschland nachgedacht, sagte Kaman damals, „aber dann müsste ich ja mein Land verraten. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich machen würde.“

Ob Verrat oder nicht, der 2,13 Meter große und 120 Kilogramm schwere Profi entschied sich für Deutschland. Das hatte auch Shawn Bradley getan, dann aber nur bei der EM 2001 für seine neue Heimat gespielt. Kaman hingegen soll langfristig das Team von Dirk Bauermann unterstützen. Bauermann würde sich „wahnsinnig freuen“, wenn Kaman in Athen mit dabei wäre. Er hält ihn für „leicht integrierbar. Er blockt und reboundet gut und braucht keine 20 Würfe, um zu treffen“. Einsatzzeit für Kaman bedeutet weniger Spielzeit für Alba-Center Patrick Femerling. „Patrick ist und bleibt Leistungsträger. Er weiß, dass Kaman ihm Entlastung und dem Team Verstärkung bringen würde“, sagt Bauermann. Kapitän Femerling hat mit einem Top-Center neben oder vor sich „kein Problem. Aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen und uns erst freuen, wenn er beim Team ist.“

Helen Ruwald

Zur Startseite