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Nowitzki

© AFP

Basketball: Ein Schokoriegel um Mitternacht

Die deutschen Basketballer freuen sich nach der ersten Olympia-Qualifikation seit 1992 auf die banalen Begleiterscheinungen der Spiele in Peking.

Oft sind es die ganz kleinen Dinge, die ganz große Sportler zu außergewöhnlichen Anstrengungen motivieren. Dirk Nowitzki zum Beispiel freut sich auf einen Schokoriegel um Mitternacht. Und zwar „in der Mensa des Olympischen Dorfes, um dann auch noch mit einigen anderen Sportlern quatschen zu können“. Das sagte Dirk Nowitzki, der bei den Dallas Mavericks auf ein geschätztes Jahreseinkommen von 15 Millionen Dollar kommt, am späten Sonntagabend in den von Bier- und Schweißgeruch durchdrungenen Katakomben der Athener Basketballhalle. Ein Schokoriegel also um Mitternacht in Peking als Lohn für ein hartes und nervenaufreibendes Qualifikationsturnier, das mit einem 96:82-Sieg gegen Puerto Rico im entscheidenden Spiel endete. Nowitzki führte sein Team mit 32 Punkten nach Peking.

Er könnte nun sogar als Fahnenträger in Frage kommen. „Besonders freue ich mich für meinen fränkischen Landsmann, für den ein Lebenstraum in Erfüllung geht. Mit seinem deutlichen Bekenntnis zu Olympia ist er ein idealer Botschafter für die gesamte Mannschaft“, sagte Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Als die lange Nacht von Athen vorüber war, gab es eine weitere gute Nachricht für die Basketballer, die Werbung für ihren Sport gemacht hatten. Bis zu 1,1 Millionen Zuschauer hatten den Triumph am Sonntag in der Heimat gesehen. Es war die erste Olympia-Qualifikation der deutschen Basketballer seit Barcelona 1992. Zuvor waren sie 1984 in Los Angeles qualifiziert, und zweimal wurden sie als Gastgeber gesetzt, in München 1972 und in Berlin 1936. Jetzt also Peking. Welchen nachhaltigen Wert dieser Erfolg für den deutschen Basketball haben wird, darüber war sich der Präsident des Deutschen Basketball-Bundes, Ingo Weiss, noch nicht ganz im klaren. „Auf jeden Fall hilft er uns, und das sicher nicht zu wenig“, sagte Weiss. In Peking bekommen es die Deutschen in der schweren Gruppe B mit Gastgeber China, Topfavorit USA, Weltmeister Spanien, Griechenland und Angola zu tun. Damit bekommt es der gerade erst eingebürgerte Chris Kaman in Peking gleich mit seiner bisherigen Heimat zu tun, ihm stehen also besonders emotionale Momente bevor.

Dirk Bauermann hingegen gestattete sich wenig Emotionen. Selbst nach dem Sieg gegen Puerto Rico, „das für den Basketball in unserem Land wohl seit langem wichtigste Spiel überhaupt“, blieb der Coach gefasst. Nüchtern und fast hölzern analysierte er diese am Ende unheimlich lange Athener Woche, während seine Spieler hinter ihm ausgelassene Freudentänze aufführten. Unentwegt sprach der Coach von der „Teamleistung und dem Teamspirit“, von dem die gesamte Mannschaft, Neulinge wie Routniers, in Griechenland so beseelt seien. Ob er denn jemals Zweifel an der Qualifikation gehabt hätte, wurde Dirk Bauermann gefragt. „Zweifel kenne ich nicht. Und Zweifel darf man in solchen wichtigen Situationen auch nicht haben“, antwortete der 50-Jährige.

Bauermann versteht es trefflich, von all dem, was ihn innerlich bewegt, kaum etwas nach außen dringen zu lassen. Zum Beispiel seine Gefühle nach der Niederlage gegen Kroatien im Viertelfinalspiel. Als Bauermann an der Linie so machtlos war. Als er mit ansehen musste, wie Chris Kaman konditionell nicht in der Lage war, dem harten und intensiven Spiel der Kroaten zu folgen. „Es gibt bei Kaman keine Garantie“, hatte Bauermann vor dem Turnier gesagt. Doch mit 12,8 Punkten und 8,6 Rebounds im Schnitt führte er sich insgesamt gut ein. Es hatte sich die Frage gestellt, ob der NBA-Star binnen kürzester Zeit in der Lage sein würde, im kampfbetonteren europäischen Basketball seinen Rhythmus zu finden. Aber ebenso, ob er, dessen Urgroßeltern sich im ersten Weltkrieg mit dem Schiff von Hamburg nach Amerika aufmachten, menschlich ins Team passen würde. „Es ging alles gut, weil Chris Kaman nicht diese typische NBA-Attitüde besitzt“, sagt Bauermann. Der Center erzählte weniger von seiner Yacht, den Autos und den anderen Lifestylespielzeugen eines erfolgreichen NBA-Players. Kaman schwärmte vielmehr von seiner Oma, die noch ein wenig Deutsch spricht. Und erzählte von seiner Mutter, die so gerne Olympia schaut und diesmal besonders begeistert vor dem Fernseher sitzen wird.

Torsten Haselbauer[Athen]

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