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Köln 99ers

© Nordphoto

Basketball: Eine Liga mit zwei Klassen

Gleich mehrere in der Vergangenheit sehr erfolgreiche Basketballklubs stehen vor dem Rückzug. Die Bundesliga könnte daher verkleinert werden, um sie attraktiver zu machen. Vor einigen Jahren wurde sie mit demselben Argument vergrößert.

Berlin - Jan Pommer nennt die Basketball-Bundesliga (BBL) eine „lernende Organisation“. Die Lektionen der vergangenen Wochen werden dem Geschäftsführer der BBL nicht gefallen haben. Mit den Köln 99ers und den Bayer Giants Leverkusen stehen zwei in der Vergangenheit äußerst erfolgreiche Mannschaften vor dem Aus, Ulm verliert zum Saisonende seinen Hauptsponsor, die Gießen 46ers haben eine Finanzkrise gerade noch abwenden können. Am Montag entscheidet sich, ob Köln den Spielbetrieb bis zum Saisonende aufrechterhalten kann. Dem Meister von 2006 und dreimaligen Pokalsieger fehlen 800 000 Euro. In Leverkusen, wo Hauptsponsor Bayer bald nur noch auf Fußball setzt, wird es nach der Sommerpause definitiv keinen Bundesliga-Basketball mehr geben. Ein Umzug nach Düsseldorf ist geplant – obwohl Fans seit Jahresbeginn fast 11 000 Unterschriften dagegen gesammelt haben.

Alba Berlins Geschäftsführer Marco Baldi fordert nun, dass die Liga ein „klares Profil“ für sich entwickelt. Sein Klub regt eine Verkleinerung der BBL auf 14 Teams an. Seit 2003 ist die Liga in zwei Schritten von 14 auf mittlerweile 18 Mannschaften aufgestockt worden. Davon versprach sich die Liga mehr Einnahmen und mehr öffentliche Wahrnehmung. „Seit der Aufstockung hat man immer zittern müssen, dass der eine oder andere das Lizensierungsverfahren übersteht“, sagt Baldi. Um die BBL attraktiver zu machen und Krisen und Pleiten zuvorzukommen, müsse man die Liga „vorübergehend straffen, das geht nicht ohne Opfer“.

Diese Meinung teilen nicht alle Bundesligisten. „Man kann leicht reden, wenn man finanziell die Nummer eins in Deutschland ist“, sagt Andreas Oettel, Geschäftsführer für Finanzen beim Konkurrenten aus Ulm. Oettel ist gerade auf der Suche nach einem neuen Geldgeber, seitdem Hauptsponsor Ratiopharm im Dezember nach 14-jährigem Engagement seinen Abschied angekündigt hat. Damit verliert der Verein am Saisonende rund ein Drittel seines Etats von 1,4 Millionen Euro. Oettel nennt den Ausstieg „keinen Untergang“. Anders als in Köln bleibt noch Zeit, die Lücke zu schließen.

Zurzeit suchen die Ulmer neue Geldgeber, entweder „einen dominanten Hauptsponsor“ oder eine regionale Lösung aus vielen kleinen Sponsoren. Beide Varianten haben Risiken und Vorteile. „Man braucht persönlich involvierte und basketballbegeisterte Sponsoren, wenn man international erfolgreich sein will“, sagt Oettel, „andererseits ist es fast unmöglich, den Ausstieg eines solchen Mäzens aufzufangen.“

Genau das wurde Köln zum Verhängnis, die unerwartete Krise der 99ers hat die Liga geschockt und verstimmt: Die bis vor wenigen Wochen starken 99ers spielen zurzeit mit einer Rumpftruppe weiter, der Wettbewerb scheint verzerrt. Dass die beiden Kölner Nadjfeji und McElroy am Tag nach dem Pokalspiel gegen Alba nach Berlin wechselten, hält Andreas Oettel für „ein Unding. Da fehlen mir die Worte.“

Trotz der Probleme sieht BBL-Geschäftsführer Pommer seine Liga auf einem guten Weg – auch mit 18 Teams: „Ein Zusammenhang zwischen der Ligagröße und den Vorkommnissen in Köln ist Unsinn. Sonst müssten die letzten drei, vier der Tabelle betroffen sein.“ Der Problemklub Köln ist derzeit Tabellensechster, Leverkusen liegt sogar auf Rang drei. „Zuschauerinteressen und TV-Reichweite entwickeln sich signifikant positiv“, sagt Pommer. Aber die Konkurrenz ist groß. Im Schnitt kommen seit 2005 rund 3500 Zuschauer, in der Deutschen Eishockey-Liga sind es ungefähr 3000 mehr. Im Fernsehen war Live-Basketball in den drei zurückliegenden Spielzeiten nur auf dem Pay-TV-Sender Premiere zu sehen, seit dieser Saison sogar nur noch auf der Internetplattform bbl.tv.

Wie viele Basketballfans sich dort das Saison-Abo über mehr als 100 Saisonspiele für 49,99 Euro leisten, sagen weder die Liga noch Sportfive, der Inhaber der Rechte und Betreiber von bbl.tv. „Eine Nischensportart kann man nicht rein quotenorientiert betrachten“, sagt Lars Reckwitz von Sportfive. Eine breite Vermarktung der Liga sei geplant, die von vielen Vereinen geforderte Verwertung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dabei nur einer von vielen Mosaiksteinen. „Basketball ist nunmal kein Sport, der die Massen im Moment zwingend begeistert.“ Für die Ulmer spielt die Nische Internetfernsehen bei der Sponsorensuche keine Rolle. „Da bringen uns drei Minuten im SWR mehr als ein Jahr bbl.tv“, sagt Andreas Oettel.

Bei Alba hat man ein weiteres Problem der BBL erkannt: Beliebigkeit. „Die Liga zieht zwar viele gute internationale Spieler an, die bleiben aber nur ein Jahr“, sagt Baldi. Deshalb fordert der Alba-Manager, die Quote der deutschen Spieler zu erhöhen. Bisher müssen mindestens drei der maximal zwölf Spieler auf dem Spielberichtsbogen Deutsche sein, kommende Saison erhöht sich diese Zahl auf vier. Baldi geht das nicht weit genug, er fordert fünf deutsche Spieler. Baldi hofft, „dass die Vereine auch selbst ausbilden. Allerdings sind auch bei Alba fast alle Leistungsträger Ausländer. Von den drei Deutschen, die derzeit regelmäßig zum Kader gehören, steht nur Nationalspieler Patrick Femerling in der Startformation.

Über die künftige Strategie der Liga werden alle Bundesligisten bei einer Tagung Ende März laut Pommer „zielorientiert und ergebnisoffen“ diskutieren. Dass die Größe der Liga reduziert wird, will Pommer nicht ausschließen.

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