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Riesig, aber nie von oben herab. Dirk Nowitzki hat eigentlich alles im Basketball erreicht, trotzdem spielt er in diesem Sommer wieder für die Nationalmannschaft.

© reuters

Basketball: Einzigartig ohne Sonderrolle

Dirk Nowitzki ist populär wie nie. Vom Interesse an seinem Star profitiert das Basketball-Nationalteam, das heute in Berlin im letzten Test vor der EM auf Mazedonien trifft

Angela Merkel hat ein feines Gespür für Sieger. Bei den deutschen Fußballerinnen, die sie im April in ihrem Amtssitz empfing, lag die Bundeskanzlerin angesichts der folgenden erfolglosen WM zwar knapp daneben. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Männer aber besucht die Kanzlerin gerne und bisweilen auch unangemeldet, um ein wenig sportlichen Glamour von Joachim Löw und Mesut Özil abzubekommen. Insofern ist es wenig überraschend, dass Merkel gestern auch die deutschen Basketballer zum Fototermin lud: Einen größeren Sieger – im Wortsinn und ganz real – als den deutschen NBA-Champion Dirk Nowitzki wird sie zurzeit kaum finden. Davon will sich heute auch Bundespräsident Christian Wulff überzeugen, der Nowitzki vormittags mit dem Silbernen Lorbeerblatt auszeichnet und am Nachmittag das letzte EM-Testspiel der deutschen Mannschaft gegen Mazedonien (15 Uhr, Arena am Ostbahnhof, live im RBB) besucht. Dirk Nowitzki wird die beiden Termine in seiner gewohnten Art absolvieren: die offizielle Ehrung zurückhaltend und bescheiden, das Spiel mit Selbstbewusstsein und Leidenschaft.

Seit der 33-Jährige am 12. Juni seinen ersten NBA-Titel mit den Dallas Mavericks gewonnen hat, ist das Interesse an der Person Dirk Nowitzki noch einmal gewaltig gestiegen. Der Würzburger hat sich an den Rummel längst gewöhnt, lieb gewinnen wird er öffentliche Auftritte aber wohl nie. Wenn Nowitzki Hände schüttelt und Fragen beantwortet, wirkt er oft ein wenig distanziert. „Es war gut, dass wir heute mal ein enges Spiel hatten. Es war interessant zu sehen, wie die Jungs damit umgehen“, hat Nowitzki nach dem 70:68-Sieg im ersten Test gegen Mazedonien am Freitagabend in München gesagt. „Auch bei der EM wird es keine leichten Spiele geben. Da wird jedes Spiel ein harter Kampf.“ Eine typische Nowitzki-Aussage: sachlich, nüchtern, auf den Sport konzentriert. Bisweilen wirkt er dabei sogar etwas linkisch, wie ein großer Junge, der sich immer noch über die eigene Popularität wundert.

Seine emotionale Seite zeigt Nowitzki nur im Privatleben und auf dem Feld, wenn er seine Mitspieler anfeuert, jubelt oder mit den Schiedsrichtern diskutiert. Die beiden größten Erfolge seiner Karriere aber hat der 2,13 Meter große Basketballer sehr introvertiert begangen: Nowitzki zog sich jeweils von seinen Gefühlen überwältigt und weinend in die Kabine zurück, als er sich mit Deutschland im Sommer 2008 für die Olympischen Spiele qualifizierte und vor zweieinhalb Monaten mit Dallas den NBA-Titel gewann. Durch die beiden Triumphe hat Nowitzki seine beiden großen Ziele erreicht, trotzdem tut er sich jetzt noch einmal die strapaziöse Europameisterschaft in Litauen an, bei der die Deutschen am Mittwoch gegen Israel starten. Es folgen die Vorrundenpartien gegen Italien, Frankreich, Serbien und Lettland – fünf Spiele in sechs Tagen, dazu kommen womöglich noch sechs weitere Turnierpartien. Ein hartes Programm, das sich Nowitzki nach zwei Jahren Pause im Nationaltrikot wieder zumutet.

Seine deutschen Mitspieler schwärmen immer wieder aufs Neue davon, wie selbstverständlich und entspannt sich der Weltstar und Multimillionär ins Nationalteam eingliedert. „Er fügt sich einfach in die Mannschaft ein und beansprucht überhaupt keine Sonderrolle“, hat Bundestrainer Dirk Bauermann vor ein paar Tagen gesagt. „Er macht es uns allen sehr einfach.“ Auf dem Basketballfeld macht es Nowitzki seinen Gegner hingegen meist sehr schwer, auch wenn er noch nicht wieder in der überragenden Form der NBA-Play-offs ist. Gemeinsam mit dem eingebürgerten Chris Kaman von den Los Angeles Clippers ist er trotzdem Bauermanns erste Option im Angriff, ansonsten setzt die deutsche Mannschaft auf ihren Teamgeist, der sie in der Vergangenheit immer wieder ausgezeichnet hat. Im vorletzten EM-Testspiel am Freitagabend, dem ersten Vergleich mit Mazedonien, war es am Ende allerdings nicht Nowitzki, sondern Alba Berlins Heiko Schaffartzik, der fünf Sekunden vor der Schlusssirene den entscheidenden Dreipunktewurf zum Sieg traf. Schaffartzik bekannte hinterher, der Ball habe natürlich eigentlich in die Hände des Superstars gelangen sollen. Nur weil Nowitzki eng gedeckt wurde, habe er sich selbst ein Herz gefasst und geworfen.

Heute werden sich alle Augen in der Berliner Großarena aber wieder auf Dirk Nowitzki richten. Am Freitagabend klagte er noch über leichte Knieprobleme, sein Einsatz am Sonntag ist laut Bundestrainer Dirk Bauermann aber nicht in Gefahr. Längst ist das Spiel in Berlin ausverkauft, genauso wie die fünf vorhergehenden Testspiele, in denen der NBA-Champion mitgespielt hat. Das Interesse an den deutschen Basketballern ist dank Nowitzki so groß wie nie, gerade hat der Hauptsponsor des Deutschen Basketball-Bunds (DBB), eine Bank, seinen Vertrag mit dem Verband und Nowitzki bis 2015 verlängert. Der DBB profitiert also von seinem Star, der Werbung finanziell nicht nötig hat und das Nationaltrikot vielmehr aus Freude am Basketball und Loyalität gegenüber Mannschaft, Trainer und Verband immer wieder überstreift. Der 33-Jährige könnte noch wesentlich mehr Geld verdienen, wenn er sein Gesicht für ein paar Produkte in die Kamera halten würde. Das hieße aber noch mehr Aufmerksamkeit, Interviewanfragen und Termine. Und davon hat Dirk Nowitzki zurzeit mehr als genug.

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