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Der Rastlose ist ratlos. Luka Pavicevic gerät intern unter Druck.

© Kai-Uwe Heinrich

Basketball: Nicht mehr bedingungslos

Alba Berlin hält zunächst an Trainer Luka Pavicevic fest – und rückt doch gleichzeitig von ihm ab.

Wahrscheinlich gibt es nie einen günstigen Zeitpunkt für die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte. Für die Basketballer von Alba Berlin aber lag das 52:103-Debakel gegen Bamberg unfassbar unglücklich. Weil anschließend Vereinschef Axel Schweitzer im Flugverkehrschaos 60 Stunden lang in den Urlaub nach Australien reiste, Geschäftsführer Marco Baldi seine Reise aus familiären Gründen nach Brasilien startete und Teammanager Mithat Demirel zwei Tage auf Flughäfen und in einem Moskauer Hotel verbrachte, um mit einem Teil der gedemütigten und übel gelaunten Mannschaft zum sportlich wertlosen Eurocup-Spiel beim russischen Klub Krasnye Krylia am Dienstag in Samara (19.45 Uhr) zu gelangen. „Jeder hatte große Probleme, an sein Ziel zu kommen“, sagt Marco Baldi, „das war das schlechtestmögliche Szenario.“ Denn wie kann man in so einer Situation Krisenmanagement betreiben?

Es geht, versichert Marco Baldi, er habe sich trotz der Reisen mit allen Verantwortlichen austauschen können. Und er ist zu dem Schluss gekommen, dass der im Umfeld höchst umstrittene Trainer Luka Pavicevic bleiben soll – zunächst. „Es wäre zu einfach, sich nur auf den Trainer zu kaprizieren, so weit sind wir noch nicht“, sagt Marco Baldi. „Wir wollen jetzt nicht aktionistisch einfach etwas machen, sondern wollen sehen, ob die Mannschaft zurück auf den Weg findet – oder nicht.“ Team und Trainer erhalten noch eine Chance.

Trotzdem hat die Blamage von Bamberg etwas Grundlegendes verändert: Trainer Luka Pavicevic steht nicht mehr außerhalb jeder Kritik. Noch im Mai hatte Marco Baldi nach dem frühen Play-off-Aus gegen Frankfurt gesagt: „Wir werden jeden Stein umdrehen – nur nicht den Trainer.“ Nun aber kommentiert er eine mögliche Trainerentlassung so: „Der Karren muss noch etwas tiefer im Dreck stecken, bevor man so eine Maßnahme ergreift.“ Das gibt dem Trainer zwar Zeit, bedeutet aber auch, dass Alba nicht mehr bedingungslos zu Pavicevic steht. Nimmt man Albas sonst so zurückhaltende Kommunikationspolitik zum Maßstab, dürfte der Trainer sogar kurz vor der Entlassung stehen. Ein Alba-Mitarbeiter nennt Baldis aktuelle Aussagen „eine Zäsur“.

Im Umfeld steht Luka Pavicevic schon länger in der Kritik. Bemängelt werden vor allem sein eindimensionales Coaching, fehlende Motivationfähigkeiten und fehlendes psychologisches Gespür. Von ihm gecoachte Teams wirken freudlos. Seine taktischen und organisatorischen Fähigkeiten sind unbestritten und haben Alba in Europa Erfolge wie den Einzug ins Eurocup-Finale beschert. In der Bundesliga aber haben sich viele auf das sture Blocken und Abrollen der Berliner eingestellt. Hinzu kommt der Eindruck, dass die Teams immer schlechter werden, je länger sie unter Luka Pavicevic spielen. Alba hat traditionell den höchsten Etat in der Bundesliga, trotzdem gelang es dem 42 Jahre alten Serben nur im ersten von dreieinhalb Jahren, mit Berlin Deutscher Meister zu werden. Pavicevics Kritiker rechnen diesen Titel zu einem großen Teil dem Berliner Management zu, das vor den Play-offs die Schlüsselspieler Aleksandar Nadjfeji und Immanuel McElroy aus der Kölner Konkursmasse erwerben konnte.

Trotzdem hält Marco Baldi noch an Luka Pavicevic fest. „Weil wir täglich zusammenarbeiten und sehen, auf was wir unser Fundament gelegt haben“, erklärt der Geschäftsführer. Die Schmach von Bamberg, so schmerzhaft sie sei, sei nur eine Momentaufnahme. „Aber wir können und wollen uns auch nicht vom Erfolg abkoppeln.“ Alba habe traditionell eine längere Geduld als andere Klubs mit den Trainern gehabt, „das haben wir immer so gehalten“, erklärt Baldi. In der 20-jährigen Vereinsgeschichte haben lediglich fünf Cheftrainer für Alba gearbeitet.

Marco Baldi wird erst am 3. Januar aus Brasilien zurückkehren. Dass diese Umstände auch ein Grund sind, warum der Klub noch zum Trainer steht, weist er zurück. „Das kann ich komplett ausschließen“, sagt er. Allerdings rückt Marco Baldi durch sein Festhalten an Pavicevic auch selber in die Kritik. „Dieser stelle ich mich“, sagt er, „ich habe immer aus Überzeugung so gehandelt, wie ich gehandelt habe.“

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