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Kampf nur im Spiel. Türken und Griechen lebten ihre Rivaliät nur auf dem Feld aus, auch Türkoglu (l.) und Diamantidis.

© Reutes

Basketball-WM: Türkei: Sieg für die Freundschaft

Der Gastgeber Türkei glänzt bei der Basketball-WM – und begegnet selbst Erzfeind Griechenland friedlich.

Auf Plakaten, im Fernsehen, auf den Titelseiten der Zeitungen: Ersan Ilyasova und Hidayet Türkoglu sind allgegenwärtig. Die beiden NBA-Profis sind die türkischen Gesichter der Basketball-WM, ihr Team wirft inWerbespots Körbe für Mobilfunkunternehmen und Banken, die Innenstädte sind mit den Konterfeis der Spieler zugepflastert. Seit Dienstagabend ist die Türkei noch mehr im Basketballfieber – im Duell gegen den Nachbarn, Rivalen und WM-Mitfavoriten Griechenland gewann das Team mit dem Spitznamen „12 dev adam“ – die zwölf Riesen – in der Hauptstadt Ankara nach einer überragenden Leistung 76:65. „Die Türkei fliegt!“ titelte am Mittwoch eine Tageszeitung, „Lasst uns weitermarschieren!“ eine andere. Mit einem Sieg gegen Puerto Rico am Mittwoch konnte sich die Türkei nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe bereits den ersten Platz in der Gruppe C sichern, das deutsche Team traf in der Gruppe A auf Angola.

Die Spiele der Weltmeisterschaft sind trotz des Ramadans bislang gut besucht, besonders abends, wenn die türkischen Zuschauer ihr Fasten brechen dürfen. Ihr eigenes Team haben die Türken selbstverständlich am meisten ins Herz geschlossen – auch wenn sie gerade ein ganz anderes Spiel verfolgen. In der Arena von Kayseri, wo die Deutschen spielen, wird es immer dann am lautesten, wenn die Zwischenstände des türkischen Teams durchgesagt werden, selbst wenn es sich nur um eine knappe Führung gegen die Elfenbeinküste handelt. Die litauische Cheerleader-Gruppe in Kayseri wird am heftigsten beklatscht, wenn sie am Ende ihrer Tanzeinlage eine türkische Flagge entrollt. Auch Politiker nutzen die WM als Bühne: Zum Turnier-Auftakt zeigte sich der türkische Staatspräsident Abdullah Gül in Kayseri, Premierminister Recep Tayyip Erdogan gab den türkischen Basketballern nach ihrem Sieg gegen Russland mit auf den Weg, das Spiel gegen Griechenland sei „viel wichtiger“.

Das mit Spannung erwartete Aufeinandertreffen mit den Griechen, einen Tag nach dem türkischen Feiertag, der an den Sieg im Befreiungskrieg gegen Griechenland erinnert, entwickelte sich am Dienstag schnell zu einer hart umkämpften Partie – in einem erfreulich friedlichen Umfeld. Griechische Fans entrollten ein Banner mit der Aufschrift „Wir sind keine Feinde – sondern Nachbarn“, die Außenminister beider Staaten verfolgten das Spiel gemeinsam auf der Tribüne der Ankara-Arena. Die Griechen kämpften verbissen, fanden aber kein Mittel gegen die Zonenverteidigung der Türken, die sich – immer wieder nach vorne gepeitscht von ihren Fans – in einen Rausch spielten. Der 23-jährige Ilyasova, in der NBA bei den Milwaukee Bucks unter Vertrag, erzielte 26 Punkte und verwandelte alle seiner sechs Versuche von der Dreipunktelinie. „Wir haben ein sehr freundschaftliches Spiel gesehen“, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davu, nachdem er mit seinem Amtskollegen die Kabinen beider Teams besucht hatte. „Wir sind stolz auf unseren Sieg, vor allem aber hat die Freundschaft gewonnen.“ Der türkische Trainer Bogdan Tanjevic fügte hinzu: „Manchmal ist Basketball mehr als Basketball – der Sport kann auch die Tür für andere Dinge öffnen.“

Sportlich gesehen bedeutet der Sieg für die Türkei den Türöffner für das Achtelfinale. Als Gruppensieger und mit ihren Fans im Rücken hätten die Türken gute Chancen, bei der Weltmeisterschaft ähnlich weit zu kommen wie bei ihrer Heim-EM 2001, als sie die Silbermedaille gewannen. Der türkische Assistenzcoach Rolando Blackman, der früher auch im Trainerstab des deutschen Teams arbeitete, baut auf den Heimvorteil: „Die Fans hier sind einfach verrückt. Und sie werden immer verrückter, je länger das Turnier dauert.“

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