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Thomas Kraft muss sich strecken für seinen Platz als Nummer eins im Tor.

© dpa

Bass gegen Bariton: Konkurrenzkampf im Hertha-Tor ist entfacht

Maikel Aerts und Thomas Kraft rechnen sich Chancen auf den Stammplatz aus. Trainer Markus Babbel will seine Entscheidung allerdings erst kurz vor dem Bundesligastart bekannt geben.

Wer sich dieser Tage in Oberstaufen an den Trainingsplatz der Fußballmannschaft Hertha BSC stellt, der bekommt eine interessante Kakofonie zu hören. Da ist auf der einen Seite der niederländische Vorsänger Maikel Aerts, der aus seinem Tor altbekannte Weisen wie „Druck! Druck!“ oder „Hast Zeit, Maik!“ mit viel Bass in der Stimme Richtung Mitspieler schmettert. Von der Gegenseite hält Neuzugang Thomas Kraft eher mit einem krächzenden Bariton dagegen, er trägt Klassiker wie etwa „Die Ordnung! Die Ordnung!!“oder „Hey, jeder hat einen Mann!“ vor.

In der Platzmitte vermischen sich die beiden Stimmen zu einem akustischen Wirrwarr, die Ohren der Feldspieler können einem leidtun. Doch ist bei Hertha nicht nur ein Gesangswettstreit ausgebrochen, wie man ihn wohl nur bei den Muezzins auf Moscheen in Medina oder Mekka erlebt, sondern auch ein Duell um die Torhüterposition.

Die Kontrahenten: Auf der einen Seite Titelverteidiger Maikel Aerts, 35 Jahre alt, Aufstiegstorwart. Auf der anderen Herausforderer Thomas Kraft, 22, prominenter Neuzugang von Bayern München. Ausgang: bislang offen. „Wir wollten Konkurrenzkampf auf allen Positionen“, freut sich Trainer Markus Babbel, der seine Entscheidung erst kurz vor dem Bundesliga-Beginn bekannt geben will, „mit einer Pressekonferenz auf n-tv, gleich hinter Silvia Neid“, wie er scherzt.

In den Testspielen gegen unterklassige Gegner waren die Konkurrenten noch nicht gefordert, doch im Training zeigen beide, was sie auszeichnet. Kraft ist der geschmeidigere Keeper, der zudem bei Trainingsspielen eine gute Figur als Rechtsverteidiger abgibt. Aerts besticht dagegen durch Routine und seine kraftvolle Präsenz, während es fußballerisch eher hapert. In Sachen Lautstärke tun sich beide nicht viel.

Das überrascht vor allem bei Kraft, der neben dem Platz nur sehr ruhige und einsilbige Töne anschlägt. Auch weil er aus seiner Zeit bei Bayern München gebrandmarkt ist: Im Winter wurde er plötzlich von Louis van Gaal zur Nummer eins und zum Zankapfel befördert. Dann kosteten auch seine Fehler den Trainer den Job und ihn den Platz im Tor. „Ich bin natürlich hier, um zu spielen“, sagt Kraft knapp. „Wenn man einen Torwart mit einer solchen Perspektive bekommen kann, muss man ihn holen, Maikel wird ja auch nicht jünger“, erzählt Babbel, sagt aber auch: „Jetzt gilt es, sich dem Konkurrenzkampf zu stellen und zu zeigen, dass man in Drucksituationen die Nerven behält.“ Trotz Krafts ausgeglichenem Wesen besteht bei ihm der Restverdacht, nicht druckunempfindlich zu sein.

Aerts sieht sich hingegen selbst als Stammtorwart. „Er muss erst einmal zeigen, dass er besser ist“, sagt er brummig. Es könnte problematisch werden, wenn Kraft spielt. Der robuste Niederländer ist ein Meinungsführer im Team und kann dünnhäutig sein. Das zeigte sich, als im Winter seine Leistungen in der Kritik standen und gleich die ganze Mannschaft solidarisch einen Presseboykott ausrief. Fraglich, was seine Degradierung für das Teamklima bedeuten würde. „Ich weiß, wie wichtig ich für die Mannschaft bin“, sagt er. Nicht nur als Vorsänger auf dem Platz.

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