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Sport: Baustaub in der Rinne

Im Zeichen zahlreicher Mängel wird die olympische Bob- und Schlittenbahn von Turin eröffnet

Berlin - Mehr als eine Höflichkeitsfloskel war aus André Lange zunächst nicht herauszuholen. „Es hat Spaß gemacht“, sagte der Olympiasieger. Vor ihm waren schon die Rodler Armin Zöggeler, Silke Kraushaar und zwei Doppelsitzer die Kunsteisbahn in Cesana Pariol auf zwei Kufen heruntergerutscht, und als erster Zweierbon der mit dem Kanadier Pierre Lüders an den Lenkseilen. Am Sonntag hatte Lange dann die Ehre, den ersten Vierer an den Start zu bringen.

Danach gaben die Offiziellen des Weltverbandes für Bob und Skeleton das Zeichen, die neue Olympiabahn für 2006 offiziell freizugeben. Nur um dieses Signal ging es schließlich an diesem Tag in der Lombardei in 1350 Metern Höhe. Die Mühen des Organisationsteams um Ivo Ferriani hatten sich im letzten Augenblick doch noch gelohnt. Nachdem der Präsident des Olympia-Organisationskomitees Valentino Castellani die so genannte Homologierung der Bahn bereits für den Dezember 2004 versprochen hatte, war damit wenigstens der Wettlauf mit der Zeit mit Ach und Krach gewonnen worden.

„Es ist schon ein schönes Gefühl, als erster Bobfahrer eine neue Bahn herunterfahren zu können“, sagte Lange. Vorsichtshalber verzichtete er auf sein Wettkampfmaterial, schraubte alte Kufen unter seinen Bob, und genoss allein Premierengefühl. Später, als er die Struktur der Bahn und seine Fahrt analysierte, gab er dann doch ein fachliches Urteil ab: „Eine anspruchsvolle Bahn, auf der man einige Passagen perfekt fahren muss. Die Zeit, die man sonst verliert, kann man nicht mehr aufholen. Eine schnelle Bahn, die fahrerisches Können verlangt.“ Skeptischer war das Urteil der beiden Amerikaner Mark Grimmette und Brian Martin, die im Rodel-Doppel 1998 Olympia-Bronze und vier Jahre später in Salt Lake City Silber gewannen. „Beim ersten Anblick dachten wir: wie kommen wir hier bloß runter?“ Auch sie haben es geschafft.

Am Ende konnten sich alle bei Markus Aschauer bedanken. Der Bahnchef von Königssee nahm sich ein paar freie Tage und rettete den Italienern als Nothelfer wenigstens die Abnahme des Neubaus. Große Freude kam bei den Besuchern aus dem Ausland dennoch nicht auf. Auch Prinz Albert von Monaco, der selbst schon mehrmals Olympiateilnehmer im Zweierbob war, schaute eher skeptisch drein. Die fehlende Kühlung am Start, die Zeitmessung ohne Lichtschranken, der Eisausbau auf dem bröckelnden Betonuntergrund und der Baustaub in der Eisrinne waren auch dem IOC-Mitglied aus dem monegassischen Fürstenhaus nicht entgangen. Und das alles nur rund 13 Monate vor Beginn der Winterspiele.

Organisationschef Ivo Ferriani ist mittlerweile mit den Nerven am Ende. Die ersten Weltcup-Veranstaltungen finden vom 20. bis 23. Januar (Bob/Skeleton) und am 05./06. Februar (Rennrodeln) statt. „Bis dahin müssen sich die Organisatoren sehr steigern“, sagt Markus Aschauer. Der Mann vom Königssee wird wohl noch ein wenig länger als geplant in Cesana Pariol bleiben müssen.

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