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Bayer Leverkusen: Bloß nicht nach Süden

Jupp Heynckes bereitet seine Mannschaft im heimischen Leverkusen auf die Rückrunde vor. Bayer hielt den harten deutschen Winter aus, um nicht schon wieder den Titel zu verspielen.

Es war ein Winteridyll, das in diesen Tagen im Leverkusener Stadion zu beobachten war. Die Profis von Bayer führten eindrucksvoll vor, wie man auch bei Minusgraden Spaß am Fußball haben kann. Mit Mützen, Schals und Handschuhen bekleidet trabten sie über den beheizten Platz, wärmten sich zwischendurch mit heißem Tee auf, lachten und wirkten froh. Die Entscheidung, in der Winterpause auf einen Trainingslager im Süden zu verzichten, störte niemanden. Trainer Jupp Heynckes hatte entschieden, zu Hause zu bleiben. „Hier haben wir unsere Infrastruktur, besser können wir es nicht haben. Wenn wir reisen, verlieren wir zwei Trainingstage“, sagte der 64-Jährige.

Vielleicht wird es den Leverkusenern bei der andauernden Kälte noch zugutekommen, sich nicht von warm auf kalt umgewöhnen zu müssen. „Das macht uns nur noch härter, wir werden solche Bedingungen beim Rückrundenstart haben“, sagte Heynckes. Als der härteste von allen erwies sich Sami Hyypiä, Bayers finnischer Abwehrchef, der stets in kurzen Trainingshosen auflief. „Für einen Finnen ist das nicht kalt“, sagte der 36-Jährige lächelnd.

Beim Bundesligaspitzenreiter herrscht vor dem Rückrundenstart am Samstag gegen Mainz beste Stimmung, die sich die Leverkusener auch durch lästige Fragen nicht verderben lassen wollen. Denn natürlich werden Heynckes und seine Profis mit der tragischen Bayer-Vereinsgeschichte konfrontiert. Zu oft hat der als „Vizekusen“ geschmähte Klub nach einer starken Vorrunde noch alles verspielt. Aus diesem Grund vermeiden es Trainer wie Spieler des viermaligen Vizemeisters, über die Meisterschaft zu reden. Offiziell verfolge man nur das Ziel, sich für den europäischen Wettbewerb zu qualifizieren. „Das hat uns hier in den letzten Jahren gefehlt“, sagte Abwehrspieler Manuel Friedrich. Zweimal hintereinander hat Leverkusen die Europapokalplätze verpasst. Sollte Bayer auch in diesem Jahr versagen, so würde der Verein gewaltig leiden, denn der Etat würde drastisch reduziert. „Dann müssten wir den Gürtel enger schnallen, viel enger“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.

Dass Bayer tatsächlich so weit abstürzen könnte, befürchtet in Leverkusen niemand ernsthaft. „Ich kann nicht prophezeien, wo wir am Ende der Saison landen“, sagte Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler, „aber ich bin sicher, dass uns Ähnliches nicht wieder passieren wird. Dazu sind wir mittlerweile viel zu stabil.“ Ein Argument, das für Leverkusens neue Konstanz spricht, ist die beeindruckende Heimstärke der in dieser Saison noch ungeschlagenen Mannschaft. In der neuen Arena hat die Mannschaft in der Hinrunde sechsmal gewonnen und zweimal remis gespielt. Im Vorjahr war Leverkusen vor allem deshalb abgestürzt, weil das damals von Bruno Labbadia gecoachte Team in der Rückrunde nach dem Umzug ins Düsseldorfer Notquartier nur ein Heimspiel gewann.

Profitieren dürfte das Team nun auch davon, dass in der Rückrunde vier Stammkräfte zurückkehren. Kapitän Simon Rolfes, Renato Augusto, Patrick Helmes und Michal Kadlec haben ihre Langzeitverletzungen auskuriert. Verletzt hat sich in der Winterpause nur Gonzalo Castro, der im Testspiel in Enschede einen Jochbeinbruch erlitt. Zudem muss Ersatzmann Thomas Zdebel am Meniskus operiert werden. Heynckes hat vor, dass von den Rekonvaleszenten zunächst nur Kadlec in die Stammelf rücken wird – auf der linken Abwehrseite als Ersatz für Castro. Die anderen drei Wiedergenesenen sollen langsam und schonend ins Team integriert werden.

Auch Nationalstürmer Helmes wird sich noch gedulden müssen. Er selbst plauderte aus, dass Heynckes zunächst auf das bewährte Sturmduo Stefan Kießling/Eren Derdiyok setzen wird. Helmes zeigte dafür sogar Verständnis: „Sie haben ja gut gespielt.“ Seinen eigenen Fitnesslevel beziffert der 25-Jährige fünf Monate nach seinem Kreuzbandriss auf circa „80 Prozent“. Sein Selbstbewusstsein hat nicht gelitten – im Gegenteil: Helmes traut sich zu, mindestens so viele Treffer erzielen zu können wie Kießling – nämlich zwölf: „Vielleicht kann ich das sogar toppen.“

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