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Sport: Bayer spielt, Zidane zaubert

Von Markus Hesselmann Glasgow. Große Spiele werden von großen Spielern entschieden.

Von Markus Hesselmann

Glasgow. Große Spiele werden von großen Spielern entschieden. Zinedine Zidane ist der vielleicht größte Fußballspieler dieser Zeiten, und ihm allen haben es seine Kollegen von Real Madrid zu verdanken, dass sie gestern das Finale der Champions League gewannen. Sekunden vor der Pause traf der französische Nationalspieler mit einem artistischen Schuss von der Strafraumgrenze zum 2:1-Siegtor gegen Bayer Leverkusen. Wen interessierte da schon, dass die Bayer über weite Strecken das Spiel bestimmt hatte und Real in der zweiten Halbzeit ausschließlich auf Sicherung des Ergebnisses bedacht war. Bayer bleibt nach zweiten Plätzen in der deutschen Meisterschaft und im DFB-Pokal der Verlierer des Jahres. Wenn auch auf denkbar hohem Niveau.

Vor 51456 Zuschauern im Glasgower Hampden Park dominierte Real allein in der Anfangsphase. Gerade einmal acht Minuten waren gespielt, da gingen die Spanier schon in Führung. Die Art und Weise, wie Bayer dieses Tor kassierte, war bezeichnend für die letzten Wochen der Leverkusener. Ein langer Einwurf kurz hinter der Mittellinie reichte Real, um Raul in Position zum Führungstor zu bringen. Der Spanier startete in den freien Raum, Lucio träumte und Butt wirkte wie versteinert. Reals Stürmer schob den Ball aus halblinker Position vorbei am Leverkusener Torwart, der offenbar auf dem falschen Fuß erwischt wurde, und das Leder rollte ins lange Eck. Ein Kullerball reichte zur Madrider Führung. Wer glaubte jetzt noch daran, dass Bayer, den erneuten K.o. vor Augen, nicht im spanischen Angriffswirbel untergehen würde?

Doch es kam anders. Die vermeintlich beste Mannschaft der Welt wirkte wie gehemmt. Nicht die Stars um Figo und Zidane kamen in den Blickpunkt bei Real, sondern die Löcher in der spanischen Abwehr. Hierro und Helguera wirkten bei den einfachsten Bällen immer wieder regelrecht hilflos. Zunächst bot sich Ramelow nach einem Madrider Missverständnis die Ausgleichschance. Drei Minuten später stand es dann tatsächlich 1:1. Und ausgerechnet Lucio, an dem Real interessiert ist, war in der 14. Minute der Torschütze. Im Kopfballduell bezwang er Hierro und auch den immer wieder unsicheren Torhüter Cesar.

In der Folge wirkten die Madrider so verunsichert wie Butt beim 0:1. Leverkusens Spieler und Fans bestimmten optisch und akustisch das Geschehen im Hampden Park. Es spielte zwischen der 14. und der 45. Minute fast nur noch Bayer – zum Erstaunen der Zuschauer. Da lief erst Brdaric nach einem weiteren Abwehrfehler frei auf Torwart Cesar zu. Doch der Winkel wurde zu spitz, und am Ende versuchte Brdaric vergeblich, den Ball über den Schlussmann zu heben. Kurz darauf verpasste der freistehende Ballack eine flach hereingegebene Ecke, dann schoss Zivkovic freistehend Cesar an.

Im Rausch der ungehemmten Offensive wechselte Bayers Trainer Klaus Toppmöller dann für den angeschlagenen Brdaric mit Berbatow einen Stürmer ein – doch dieser Schuss ging nach hinten los. Plötzlich lief Roberto Carlos auf der linken Seite auf und davon, flankte in die Mitte zu Zidane, der den Ball in akrobatischer Körperhaltung mit perfekter Schusstechnik von der Strafraumgrenze unter die Latte des Leverkusener Tores drosch. 2:1 Sekunden vor der Pause, und wie schon beim 0:1 sah Butt nicht gut aus. Und wieder war es, wie schon am Samstag im Pokalfinale gegen Schalke, ein Tor in der 45. Minute, das Bayer eines möglichen Sieges beraubte. Es fiel dann gleich noch ein Tor, aber , immerhin, das zählte nicht: Nackt war ein schottischer Zuschauer auf den Rasen gestürmt, hatte sich den Ball geschnappt und in das Leverkusener Tor geschossen.

Ohnehin verkraftete Bayer den Rückstand in Glasgow besser als das Unentschieden vor der Pause in Berlin. Doch Real spielte nach dem Wechsel im Hampden Park auch sehr viel zurückhaltender als Schalke im Olympiastadion. Madrid verstärkte die Abwehr und versuchte sich erfolglos mit Kontern über Zidane. Der Franzose war der einzige, der die hohen Erwartungen an Reals Spielkunst erfüllte.

Trainer Toppmöller riskierte in der 65. Minute noch mehr. Kirsten kam im letzten Spiel seiner Karriere und stürmte neben Berbatow und Neuville. Als Reals Torhüter Cesar kurz darauf mit einer Fußverletzung ausschied, schien sich das Spiel noch einmal zu wenden. Die Deutschen waren überlegen, und erspielten sich in der Schlussphase Chance um Chance. Erst vergab Ballack, dann Berbatow, und in der Nachspielzeit scheiterte der aufgerückte Butt mit einem Kopfball, den Reals Ersatztorhüter Casillas mit dem Fuß noch von der Linie schlug. Mit viel Glück und wenig Klasse rettete Real das Ergebnis über die Zeit. Und die Leverkusener durften sich eines Satzes erinnern, den Michael Ballack vor dem Finale gesagt hatte: „Es gibt Niederlagen ohne Verlierer.“

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