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Sport: Bayern baut um

Nach dem Scheitern wollen die Münchner eine neue Mannschaft errichten

Noch einmal segelte Oliver Kahn in seine rechte Torwartecke. Der halbhohe Schuss des Mailänder Spielers Kaka war ein dankbarer Schuss für einen Torhüter. Solche Schüsse sehen besser aus, als sie in Wirklichkeit sind. Es lief ja auch schon die dritte Minute der Nachspielzeit, das Spiel war längst entschieden. Kaka hätte locker das 3:0 erzielen können, aber er beließ es bei seinem Schüsschen. Kahn ist solcherlei Laxheit fremd. Er hechtete nach dem Ball, als ob es darum ging, das ganze Spiel zu wenden. Noch einmal peitschte er den Ball ins Spielfeld, dann pfiff der Schiedsrichter ab. Oliver Kahn ergriff seine Trinkflasche, schüttelte Milans Alt-Stars Seedorf und Maldini die Hand und verließ die große internationale Bühne.

Nun ist die Champions League, die den FC Bayern durch die Saison tragen sollte, weggebrochen. Sollte es für den Bundesligavierten samt seinem Torwart in den ausstehenden Punktspielen schlecht laufen, dann ist Kahns 103. Spiel in der Champions League auch sein letztes gewesen. Im Sommer 2008 endet sein Vertrag, und es könnte sein, dass sich sein Verein nicht für die Champions League qualifiziert. Kahn, der einstige Titan im Tor, der Held des Champions-League-Triumphes von 2001, würde im letzten Jahr seiner Karriere die großen Spiele vor dem Fernseher erleben. „Daran denke ich gar nicht“, sagte er trotzig. „Für uns geht es nach wie vor um den dritten Platz.“

Ein ganzes Spiel lang war Kahn ein ohnmächtiger Beobachter des Unheils geblieben. In der ersten halben Stunde bekam er drei Schüsse auf sein Tor, zwei davon waren drin. „Für einen Torwart sind das die schwersten Spiele, solche Gegner brauchen nicht fünf, sechs Chancen, um ein Tor zu machen“, sagte er. Tatsächlich wurden die Bayern nach dem trügerischen 2:2 im Hinspiel vorgeführt.

„Wir haben einfach nicht die Klasse im technischen Bereich wie Milan“, sagte Trainer Ottmar Hitzfeld. Der Rückstand habe seine Mannschaft gezwungen, das Spiel zu machen, was gegen ein spielerisch weit stärkeres Team immer schwer sei. Die Mannschaft werde sich nun auf die Bundesliga konzentrieren. „Jetzt ist Alltag, jetzt ist die Charakterfrage gestellt“, sagte Hitzfeld. Am Sonntag kommt Bayer Leverkusen.

Die Münchner werden einen neuen FC Bayern aufbauen. Vor allem die fehlende Qualität im Mittelfeld muss dazugekauft werden. „Das fällt ja jedem auf, dass wir in der kreativen Abteilung Bedarf haben“, sagte Franz Beckenbauer. Die Frage sei, „ob man auch einen findet“. Die finanziellen Voraussetzungen sind gut. In der Champions League haben die Bayern 37 Millionen Euro eingenommen. Der Klub stapelt rund 150 Millionen Euro auf dem Festgeldkonto. Beckenbauer sagt es so: „Wir vom Aufsichtsrat können den Vorstand ja nur ermutigen, einzukaufen. Mit unserer Unterstützung können sie rechnen.“ Angesprochen fühlen durften sich Manager Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge. Letzterer hatte bereits angekündigt, 30 Millionen Euro ins Team investieren zu wollen.

Hoeneß stemmt sich noch gegen eine neue, vielleicht wagemutige Kauflust der Bayern. „Wir werden mit unserer Transfer-Politik weitermachen“, sagte der Manager. „Wir werden aber versuchen, noch zwei, drei richtig gute Spieler zu holen.“ Mit den bisherigen Neuverpflichtungen Jan Schlaudraff, Hamit Altintop und Jose Ernesto Sosa kommt keine internationale Spitzenklasse. Gestern sagte Rummenigge: „Keiner will nächste Saison im Uefa-Cup spielen.“

Zu den Wunschspielern zählen Luca Tony und Arjen Robben. Beide sind stürmende Spieler und könnten den Mangel im kreativen Mittelfeld nicht beheben. Wenn der FC Bayern sein Spielsystem nicht umkrempeln mag, bedarf es eines starken Spielgestalters, einer klassischen Nummer 10. Verpflichtungen von Spielern wie Deco, Messi oder Ronaldinho aber bezeichnete Beckenbauer als Träumereien: „Die Großen auf der Position sind nicht für die Bundesliga zugänglich. Die spielen in einer anderen Liga.“ Für Mark van Bommel muss es nicht ein Spieler dieser Kategorie sein. „Wir brauchen keinen Star, wir brauchen gute Spieler“, sagte der holländische Mittelfeldspieler. Oliver Kahn wird aller Voraussicht nach seinen Vertrag bis Sommer 2008 erfüllen. Vor allem, weil er für sich einen erfolgreichen Abgang will. Ob nicht ein generelles Umdenken in der Transferpolitik des Klubs vonnöten sei, wurde er gefragt. Er hat geantwortet: „Das ist nicht meine Aufgabe. Ich bin hier nur der Torwart.“

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