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Wer stürmt? Die Entscheidung wird spät fallen. Jupp Heynckes kann wählen zwischen Mario Gomez (Mitte) und Claudio Pizarro (rechts daneben). Beide haben zuletzt in der Bundesliga gespielt und getroffen. Angreifer Nummer eins, Mario Mandzukic, ist gesperrt.

© dpa

Bayern gegen Barcelona: Das Gipfeltreffen in der Champions League

Im Duell zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona treffen die derzeit wohl besten Mannschaften Europas aufeinander. Dabei will der neue Deutsche Meister dem Gegner nach Möglichkeit das eigene Spiel aufzwingen.

Philipp Lahm ist selten um eine Antwort verlegen. Der Kapitän des FC Bayern München erfüllt seine Aufgabe als Wortführer in der Außendarstellung meist glänzend, ganz im Sinne des Vereins. Am Montag aber musste er lange überlegen. Und er blickte nicht gerade glücklich drein. Dabei ging es nicht um die Ermittlungen gegen Präsident Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung – dieses Thema hatten die Münchner auf der Pressekonferenz einen Tag vor dem Halbfinalhinspiel der Champions League gegen den FC Barcelona (20.45 Uhr, live im Ticker bei Tagesspiegel.de) per Dekret ausgenommen. Lahm sollte sein Gefühl beim Gedanken an das verlorene Finale im vergangenen Jahr gegen Chelsea beschreiben. Schließlich fiel ihm doch noch etwas ein: „Grausam“, sagte er nur.

Womöglich brauchte Lahm deshalb etwas länger, weil dieses Wort im Vokabular der Bayern in der aktuellen Spielzeit nicht mehr vorkommt. Und sie spielen im Moment auf einem so hohen Level, dass sie auch nicht befürchten müssen, jemand könnte nach Abpfiff am Dienstagabend so etwas sagen. „Wir haben eine gute Entwicklung genommen und können uns auf Augenhöhe mit dieser Mannschaft treffen“, sagte Lahm selbstbewusst vor dem Duell mit Barcelona, dem Besten, was der europäische Fußball in den vergangen Jahren zu bieten hatte, und verspricht „ein Fußballfest“.

Die Bayern können nun zeigen, dass sie „den Anschluss nach oben geschafft haben“, wie der Kapitän findet. In den vergangenen drei Finals waren die Münchner zweimal dabei, Barcelona nur einmal. 2011 gewann das Team, damals noch unter dem kommenden Bayern-Trainer Pep Guardiola, die Trophäe allerdings dann auch. Die Münchner sehnen sich hingegen noch danach, den Makel zu tilgen. „Wir wollen der Saison die Krone aufsetzen“, sagt Thomas Müller. Die Katalanen scheiterten 2010 und 2012 jeweils im Halbfinale an Mannschaften, die es verstanden, Barcelonas System zu zerstören, 2010 war das Inter Mailand, zwei Jahre später der FC Chelsea.

Diese Taktik strebt der FC Bayern nicht an, er hat es auch gar nicht nötig im Moment. „Wir müssen unserem Stil treu bleiben“, sagte Mittelfeldspieler Javier Martinez. „Wir haben uns bisher nie etwas darum geschert, wie der Gegner spielt.“ Trainer Jupp Heynckes hat „eine klare Vorstellung, wie meine Mannschaft zu spielen hat“. Lahm sieht die Bayern in der Lage, dem FC Barcelona das eigene Spiel aufzudrängen, selbst zu agieren statt nur zu reagieren. „Wir haben die richtigen Spielertypen auf dem Feld, um dieser Mannschaft wehzutun.“

Schweinsteiger war beim letzten Aufeinandertreffen lediglich ein Mitläufer

Anders als vor vier Jahren, beim letzten Aufeinandertreffen in der Champions League. Damals hatten sich die Münchner von vornherein nur um Schadensbegrenzung bemühen können – und erlebten schließlich im Camp Nou doch ein Debakel. Der FC Bayern hatte beim 0:4 in Jürgen Klinsmann weder einen Trainer mit einer Philosophie noch eine Mannschaft, die im Kollektiv höchsten Ansprüchen genügte. „2009 war Barcelona viel besser als wir. Jetzt haben wir eine andere Mannschaft. Jetzt sind wir besser. Jetzt können wir gewinnen“, sagte Franck Ribéry.

Neben dem Franzosen ist von der damaligen Anfangself nur noch Bastian Schweinsteiger übrig geblieben. Vor vier Jahren war er als Außenspieler lediglich ein Mitläufer, jetzt ist er im Zentrum „das Gehirn der Mannschaft“, wie Sportvorstand Matthias Sammer findet. Für Trainer Jupp Heynckes ist der Erfolg in den nächsten Wochen „auch ein Stück davon abhängig, wie Bastian spielt, weil er in unserem System ein ganz wichtiger Spieler ist. Er ist für uns lebensnotwendig.“ Gegen Barcelona ist es Schweinsteigers Aufgabe, zusammen mit Martinez die Passwege zu dem noch leicht angeschlagenen Weltfußballer Lionel Messi zuzustellen und Regisseur Xavi aus dem Spiel zu nehmen.

Claudio Pizarro war 2009 nicht mehr bei den Bayern, Mario Gomez noch nicht. Die beiden Stürmer hätten in jener Partie auch nichts ausrichten können, denn der Ball kam damals kaum einmal in die Nähe des katalanischen Strafraums. Dieses Mal dürfte die bayerische Offensive eine viel bedeutendere Rolle spielen. Pizarro und Gomez haben sich in den vergangenen Wochen ausgesprochen treffsicher präsentiert und buhlen um die Rolle der Nummer zwei im Angriff hinter dem dieses Mal gesperrten Mario Mandzukic.

Anders als in den Bundesligaspielen gegen Nürnberg und am Samstag in Hannover wird gegen Barcelona nur einer der beiden auflaufen. Heynckes wollte am Montag noch nicht verraten, für wen er sich entschieden hat. Aber ein Indiz könnte sein Wechselspiel in Hannover sein. Während Pizarro durchspielte, verließ Gomez nach einer guten Stunde den Platz. Vielleicht, um sich für Barcelona zu schonen.

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