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© dpa

Bayern München: Ganz schön erfolgreich

Nach dem achten Sieg hintereinander klagt Trainer van Gaal über ästhetische Mängel im Spiel der Bayern

Lächeln ist nicht gleich Lächeln. Es tritt in mannigfaltigen Erscheinungsformen auf: kalt, überlegen, gequält, gelöst, irritiert. Das Lächeln auf dem Gesicht von Mario Gomez war wohl am treffendsten mit dem Begriff süffisant umschrieben. Na, fragt schon!, schien es zu sagen, und nachdem der Stürmer des FC Bayern München auf die Diskrepanz zwischen dem eigentlich überzeugenden Sieg (3:1 beim VfL Wolfsburg) und der Kritik des Trainers Louis van Gaal angesprochen worden war, sagte Gomez: „Und ihr wollt jetzt, dass ich dem Trainer widerspreche.“ Ja, bitte, bitte, bitte. Gomez machte eine kurze Pause. „Nee. Er hat Recht.“

Die Bayern haben sich gerade mit einem beeindruckenden Zwischenspurt an die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga herangemacht. Ganze zwei Tore ist der Spitzenreiter Bayer Leverkusen dem Rekordmeister jetzt nur noch voraus, das 3:1 in Wolfsburg war für die Münchner bereits der achte Sieg hintereinander. Doch es ist weniger die brillante sportliche Bilanz, die der Konkurrenz Angst machen sollte, es ist der Qualitätsanspruch, den die Bayern jetzt auch öffentlich vertreten: Vor ein paar Wochen wären sie noch froh gewesen, wenn sie überhaupt gewonnen hätten; jetzt mosern sie nach einem souveränen Erfolg beim Meister vor allem über Geschmacksfragen.

Wenn die Bayern sich nur noch um die Ästhetik sorgen, sollte die Liga sich wirklich Gedanken machen.

Louis van Gaal geißelte nach dem Sieg in Wolfsburg den arroganten Fußball, den seine Mannschaft gespielt habe. „Ich bin ein bisschen böse auf meine Spieler“, sagte er. Zu viele Fehler, Mängel in der Konzentration, zu wenig Entschlossenheit, zu viele Chancen für den Gegner – das waren die Defizite, die Bayerns Trainer öffentlich brandmarkte. „Das ist schade.“

Na, der hat ja Probleme, könnte man meinen; aber wer die bisherige Karriere des Holländers verfolgt hat, weiß, dass van Gaal gar nicht anders kann. Den halben van Gaal gibt es nicht: Erfolg ist für ihn kein Selbstzweck, er entsteht aus klar strukturierter Arbeit, im Training und auf dem Platz. Dass sich das eine aus dem anderen ergibt, war beim ersten Tor der Bayern schon nach zwei Minuten bestens zu erkennen: Bastian Schweinsteiger spielte einen langen Pass aus dem Mittelfeld auf Thomas Müller, der stürmte der Grundlinie entgegen und spielte dann diagonal zurück in den Strafraum. Genau dahin, wo Arjen Robben von der anderen Seite des Feldes eingerückt war. Der Holländer war den entscheidenden Schritt schneller als Marcel Schäfer und traf zur Führung für die Bayern. Der Spielzug kam einem irgendwie bekannt vor: Er zählt inzwischen zum Standardrepertoire der Münchner. Van Gaal lässt solche Angriffe trainieren, bis sie den Spielern in Fleisch und Blut übergehen.

Wenn man heute die Erfolge seiner Arbeit sieht, kommen einem die anfänglichen Vorbehalte gegen den Holländer nur umso lächerlicher vor. Schon nach drei Spieltagen galt van Gaal zum ersten Mal als gescheitert, im Herbst stand er offenbar kurz vor der Entlassung; dabei kann sich jeder ausmalen, dass das Einüben von Automatismen ein bisschen mehr Zeit benötigt als drei Wochen. Inzwischen aber nähern die Bayern sich dem Zustand, den sich Uli Hoeneß schon von der Verpflichtung Jürgen Klinsmanns erhofft hatte: Die Mannschaft vereint ihre ohnehin vorhandene personelle Überlegenheit mit einer klaren taktischen Struktur. Meistens jedenfalls.

Dass die Bayern sich in Wolfsburg nach dem 1:0 und später nach dem 3:0 zu sehr auf ihre individuelle Qualität verließen, machte van Gaal rasend. Die Wolfsburger nutzten die Nachlässigkeiten zu einigen Chancen, und auch wenn nie der Eindruck entstand, dass die Begegnung noch kippen könnte: „Die Art und Weise war nicht gut“, sagte Mario Gomez. „Wir sind nur noch hin- und hergelaufen.“ Auch Bayerns Kapitän Mark van Bommel hatte die eigene Mannschaft nicht so dominant erlebt wie in den Wochen zuvor. „Wenn man hört: 3:1 in Wolfsburg, dann denkt man, wir haben überragend gespielt“, sagte der Holländer. Hätten sie aber nicht.

Dass es trotzdem ein perfekter Tag für die Münchner wurde, lag auch an den Konkurrenten Leverkusen und Schalke, die nur zu Unentschieden gegen die Abstiegskandidaten Bochum und Freiburg gekommen waren. Schön für die Bayern, dass die anderen nicht gewonnen haben? „Das ist das Problem der anderen“, sagte Mark van Bommel. Er lächelte nicht einmal.

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