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Bommel

© ddp

Bayern München: Immer im Eifer des Gefechts

Mark van Bommel kämpft auch in der Nachspielzeit noch um jeden Einwurf – weil er Mark van Bommel ist.

Mark van Bommel hat nur sechs Sekunden gebraucht. Sechs Sekunden, das ist eine erstaunlich kurze Zeit für zwei Gelbe Karten, man könnte fast sagen: Mark van Bommel wollte es so. Es sah zumindest so aus, als er am Sonntagnachmittag in der Nachspielzeit der Partie des FC Bayern München gegen den Hamburger SV sich erst über einen Einwurf für den HSV beschwerte, dafür die erste Gelbe Karte bekam und dann so lange applaudierte, bis Schiedsrichter Lutz Wagner auch die zweite Gelbe Karte und daraufhin die Rote zückte, van Bommel den Platz verlassen musste und auf den Zuschauerrängen in der Arena mindestens jeder Zweite den Kopf schüttelte. Aber es gibt eine Erklärung für diese Aktion: Mark van Bommel ist einfach Mark van Bommel.

Erst vor ein paar Tagen hatte sich van Bommel ein wenig darüber aufgeregt, dass Fußballer immer in Schubladen gesteckt werden, und dass auf seiner Schublade steht: Aggressivleader. Er verstehe das nicht, hatte van Bommel gesagt, „du kriegst so einen Stempel auf den Kopf, und den hast du dann bis zum Ende deiner Karriere“. Er findet, das klinge negativ, Aggressivleader, dabei müsse man das doch positiv sehen. „Wann habe ich jemals einen vom Platz getreten?“, hatte van Bommel gefragt, rhetorisch natürlich. Dass es sein eigener Trainer war, Ottmar Hitzfeld, der den Begriff ,,Aggressivleader'' mit van Bommel verknüpfte, das hatte der Holländer offenbar bereits vergessen.

Aber das kann im Eifer des Gefechts schon mal passieren, und van Bommel ist ja im Grunde immer im Eifer des Gefechts. Weil er diese Grundmotivation hat, besser zu sein, dieses Bestreben, alles für den Sieg zu tun, weshalb er wohl auch dauernd auf die Schiedsrichter einredet. Er hat schon einmal Gelb-Rot gesehen und damit Irritationen ausgelöst: Im Champions-League-Achtelfinale der vergangenen Saison war das, gegen Real Madrid. Damals stritt van Bommel mit Madrids Diarra um den besten Platz an der Strafraumkante vor einem Elfmeter für Real, beide schubsten sich gegenseitig weg, geradezu kindisch sah das aus. So funktioniert Mark van Bommel: Er gibt nie nach, tut alles für den Erfolg, und wenn es noch so lächerlich erscheinen mag – und es nur um einen Einwurf in der Nachspielzeit geht, wie am Sonntag gegen Hamburg.

Doch er weiß auch, wie er sich nach Spielen wie dem 1:1 gegen den HSV zu verhalten hat: ruhig und einsichtig. Der Schiedsrichter habe gut gepfiffen, sagte er, nur ein bisschen Fingerspitzengefühl hätte er halt bei dieser ersten Gelben Karte haben können, weil doch er, van Bommel, dadurch beim Spitzenspiel auf Schalke gesperrt ist. Darüber, über die Sperre, aber ausdrücklich nicht über den Schiedsrichter, „darüber habe ich mich sehr geärgert“, sagte der Holländer. Nur: Er ließ im Ärger dem Applaus eine überaus abfällige Geste folgen. Auch diese Geste hat van Bommel schon einmal aufgeführt, ebenfalls gegen Real Madrid. Damals löste dies einige Empörung aus, van Bommel entschuldigte sich und kam ohne nachträgliche Sperre davon. Diesmal aber könnte das anders aussehen – der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes hat gestern ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil Lutz Wagner angab, dass er die abfällige Geste des Holländers gar nicht gesehen habe. Demnach könnte van Bommel, der wegen der Gelb-Roten Karte für ein Spiel gesperrt ist, länger zum Zuschauen verurteilt werden. Der Kontrollausschuss hat den Münchner zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert.

Beim FC Bayern wird van Bommel auf jeden Fall eine Geldstrafe bezahlen müssen, zudem will Ottmar Hitzfeld dieses Vergehen „noch einmal ganz klar ansprechen“. Mehr aber wird nicht passieren – schließlich brauchen sie ihn trotz allem ja unbedingt, sie brauchen Mark van Bommel, ihren Aggressivleader.

Michael Neudecker

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