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Sport: Bayern München: Ohne Fernsteuerung

Die Profis des FC Bayern München hatten das Desaster schneller abgehakt als die Chefs. Nach dem 1:3 gegen Schalke 04, der zweiten Heimniederlage in Folge, die obendrein auch die Ablösung als Tabellenprimus bedeutete, klang Giovane Elber schon wieder ganz zuversichtlich.

Die Profis des FC Bayern München hatten das Desaster schneller abgehakt als die Chefs. Nach dem 1:3 gegen Schalke 04, der zweiten Heimniederlage in Folge, die obendrein auch die Ablösung als Tabellenprimus bedeutete, klang Giovane Elber schon wieder ganz zuversichtlich. "Man hat gesehen, dass in dieser Saison alles möglich ist", sagt der Brasilianer, "und wir können immer noch Meister werden." Doch wer Elber länger zuhört, gewinnt den Eindruck, dass dieser den nationalen Titel schon aufgegeben hat. "Die Champions League ist etwas anderes als die Meisterschaft. Da sind wir immer konzentriert." Überhaupt sei diese schwache Bundesliga-Saison hauptsächlich in mangelnder Konzentration begründet. Alles erklärbar, "denn wir sind auch nur Menschen und nicht ferngesteuert."

Manager Uli Hoeneß ist derzeit weniger umgänglich und verständnisvoll. Vor allem um Verteidiger Samuel Kuffour kümmerte er sich intensiv. "Er hat bei den einfachsten Sachen derzeit Schwierigkeiten", wundert sich Hoeneß, der sich angesichts der kuffourschen Darbietungen über dessen andauernden Flirt mit dem FC Barcelona erregt. "Ich habe keine Lust, ständig mit ihm zu reden, wenn er so einen Mist spielt. Er hat eine Blockade im Kopf, macht sich Sorgen um seinen Vertrag und fühlt sich unterbezahlt." Vielleicht ärgert sich Hoeneß, dass er Kuffour nicht schon im Winter nach Spanien verscherbelt hat. 35 Millionen Mark waren damals geboten. Seither spielt Kuffour miserabel, vorher war er wenigstens Durchschnitt. "Wenn er so weiterspielt wie gegen Schalke, dann gibt es keinen Grund, ihm auch nur eine Mark mehr zu zahlen", sagt der Manager. Genau genommen gäbe es dann keinen Grund, ihm überhaupt noch eine Mark zu zahlen, denn eine Leistung wie am Sonnabend, als Kuffour alle drei Tore mitverschuldete, hätte auch die Putzfrau kaum schlechter hinkriegen können. "Wir haben alle Tore selbst geschossen", hat Torwart Oliver Kahn beobachtet, der aber seiner desolaten Abwehrreihe mit Patrik Andersson, Willy Sagnol und eben Kuffour nichts vorwerfen will: "Es nutzt nichts, denen jetzt den Kopf runterzureißen. Man muss sie aufbauen und ihnen Selbstvertrauen geben." Trainer Ottmar Hitzfeld muss ohnehin auf die Versager bauen - mangels Alternativen: "Ich kann in dieser Saison keinen mal draußen lassen. Mir fehlt ein Abwehrspieler."

So herrscht zwischen den so wichtigen Spielen gegen Schalke und Manchester am Mittwoch gespannte, aber konzentrierte Ruhe. Die Aufregung hält sich in Grenzen. Die Diskrepanz zwischen den Leistungen in der Bundesliga und der Champions League macht es den Bayern seit Saisonbeginn schwer, aber ein Mittel dagegen haben sie nicht. "Einer Top-Mannschaft gelingt es, sich auf zwei Wettbewerbe zu konzentrieren", sagt Kahn. Womit er andeutet, dass die Bayern eben keine Top-Mannschaft sind in dieser Saison. Aber sich vollends auf internationale Aufgaben zu verlegen, das trauen sie sich nicht, denn leicht könnte man sich verspekulieren. "Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge", sagt Kahn, denn das schwierige sei, "daß man immer wieder umschalten muss". Wenn sie auch das letzte Siebentel der Bundesliga-Saison so bestreiten wie zuletzt, dann hat sich das mit den "zwei Wettbwerben" aber ohnehin schnell erledigt.

Detlef Dresslein

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