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Sport: Bayern München: Sag immer nie

Nie zuvor wurde bei Bayern München derart oft das Wörtchen "nie" benutzt. Erst offenbarte Stürmer Giovane Elber, dass er seinen Trainer Hitzfeld "noch nie so wütend erlebt" habe, wie nach dem 2:3 in Rostock.

Nie zuvor wurde bei Bayern München derart oft das Wörtchen "nie" benutzt. Erst offenbarte Stürmer Giovane Elber, dass er seinen Trainer Hitzfeld "noch nie so wütend erlebt" habe, wie nach dem 2:3 in Rostock. Dann soll Franz Beckenbauer nach dem 0:3 von Lyon so sauer gewesen sein "wie noch nie". Und auch Kapitän Stefan Effenberg lernte in der ablaufenden Woche ganz Neuartiges kennen: "Seit ich hier bin, habe ich noch nie so hoch verloren wie in Lyon. Noch nicht mal im Trainingsspiel."

Effenberg gibt sich locker, aber an seinem Mienenspiel merkt man, wie es Tage nach dem Desaster in Südfrankreich um die Bayern steht. Immer wieder presst er die Lippen zusammen und hofft, dass nicht darüber rutscht, was ihm wirklich im Sinn ist. Ein böses Wort etwa über Franz Beckenbauer. Effenberg überlegt einen Augenblick, dann wählt er den Umweg über die Ironie. "Wir brauchen Verstärkungen. Vielleicht finden wir ja welche in der Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft." Eine Anspielung auf einen der sarkastischen Vergleiche in der kaiserlichen Brandrede in der diensttäglichen Nacht. Beckenbauers verbale Auspeitschung der Mannschaft vor allen Kameras findet Effenberg ohnehin reichlich daneben. "Man kann solche Dinge auch intern regeln. Wenn man so in eine Ecke reingetrieben wird, werde ich persönlich unangenehm. Wenn das über einen längeren Zeitraum so geht, werde ich Reaktion zeigen."

Eigentlich, so lässt er durchblicken, sei die Vereinsführung schuld an dem ganzen Durcheinander. Die habe es schließlich versäumt, die Mannschaft adäquat zu verändern. Seit nahezu drei Jahren spielt das Team nun unverändert zusammen, wurde kaum verstärkt, bestenfalls wurden die Abgänge gleichwertig ersetzt. Jetzt macht sich das mangelnde frische Blut im Team nachhaltig bemerkbar. In der Winterpause hätte das Management nachbessern können, verzichtete aber auf Tomas Rosicky, weil dieser parallel mit Dortmund verhandelte. Mittlerweile erkennt Manager Uli Hoeneß, dass er in diesem Fall über den langen Schatten seines Ehrgefühls hätte springen sollen. Zumal er den eher minderbegabten Abwehrkombattanten Samuel Kuffour angeblich für 35 Millionen Mark nach Spanien hätte verkaufen können. Rosicky gegen Kuffour - das wäre ein schöner Tausch gewesen.

Bayern München scheint so durcheinander wie seit langem nicht mehr. Jeder gegen jeden, ratlose Trainer, formschwache Kicker und ein böser Präsident. "Dabei stehen wir in der Bundesliga einen Punkt hinter dem Tabellenführer, in der Champions League mit einem Bein im Viertelfinale", sagt Effenberg. "Wenn wir am Ende nicht Meister und aus der Champions League ausgeschieden sind, könnt ihr mich alle beschimpfen."

Detlef Dresslein

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