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Svetislav Pesic, 63, hat als Trainer im Basketball alles gewonnen, was es außerhalb der NBA zu gewinnen gibt: Weltmeister mit Jugoslawien, Europameister mit Jugoslawien und Deutschland, Euroleague-Sieger mit dem FC Barcelona. Seine erfolgreichste Zeit in Deutschland erlebte er bei Alba Berlin, wo er den Korac-Cup gewann sowie viermal Meister wurde. Seit Dezember 2012 trainiert er die Basketballer des FC Bayern München, mit denen er heute im entscheidenden fünften Play-off-Halbfinale (20.30 Uhr, Sport 1 live) in Bamberg spielt.

© dpa

Bayern-Trainer Svetislav Pesic im Interview: „Wir wollen ab jetzt auch was gewinnen“

Basketball-Trainer Svetislav Pesic spricht vor dem entscheidenden fünften Halbfinalspiel heute in Bamberg über die Ambitionen des FC Bayern München und die Rolle des Vereinspräsidenten Uli Hoeneß.

Svetislav Pesic, Sie können am Donnerstag mit einem Sieg in Bamberg im entscheidenden fünften Spiel ins Finale einziehen. Wird der FC Bayern in dieser Saison auch noch Basketballmeister?

Wir wollen alles unternehmen, um das Spiel zu gewinnen. Aber ich denke im Moment überhaupt nicht daran, wo wir am Ende der Saison stehen werden. Erst mal sehen, was am Donnerstag passiert. Danach können wir uns über den nächsten Schritt unterhalten.

Aber der nächste Schritt wäre der Titel…

Es gibt ein jugoslawisches Sprichwort (steht auf, und holt einen kleinen Zettel von seinem Tisch und liest): Vor dem Morgenrot bricht der Tag nicht an. Das heißt: Für den Erfolg benötigt man Geduld. Diesen Zettel habe ich auch der Mannschaft gezeigt.

Wieviel Geduld hat der Fußballklub FC Bayern auf seinem Weg zur Basketballmacht?

Ich finde es sehr wichtig für uns Basketballer, dass der FC Bayern Interesse gezeigt hat, ein Profibasketballteam zu formen. Wir haben eine sehr schöne Halle bekommen, wir können trainieren, wann wir wollen, wir haben einen Kraftraum und vieles mehr. Die Bedingungen sind exzellent.

Sind die Bedingungen schon so gut wie bei den Basketballern des FC Barcelona, mit dem sie im Jahr 2003 das Basketball-Triple gewonnen haben?

Der große Unterschied ist, dass bei Barcelona alles zentral gesteuert wird. In Barcelona bestimmen die 17 Leute im Präsidium das Budget für die nächste Saison. Die haben jetzt sogar einen Etat von 28 Millionen Euro. In meiner Zeit hatten wir 10,5 Millionen Euro gehabt. Beim FC Bayern wird das nicht zentral gesteuert.

Welche Rolle spielt Uli Hoeneß für die Basketballer?

Eine sehr große Rolle. Er steht hundertprozentig hinter dem Basketball, immer wenn wir eine Entscheidung treffen wollen über irgendetwas, was nicht das tägliche Geschäft betrifft, sitzen wir mit ihm zusammen. Als ich in dieser Saison gekommen bin, habe ich auch erst mit ihm gesprochen, dann mit meinem Sohn Marko und Vizepräsident Rudolf Schels, der für uns zuständig ist.

Wie oft treffen Sie ihn?

Wir telefonieren nach jedem Spiel. Oder auch vor einem Spiel. Er meldet sich, fragt, wie es der Mannschaft geht, wer verletzt ist. Wenn wir gewinnen, kommt er und gratuliert, wenn wir verlieren, sagt er, ja gut, kein Problem. Und er kennt alle Spieler.

Er kommt aber aus dem Fußball. Wie gut kennt sich Uli Hoeneß im Basketball aus?

Natürlich ist er kein Experte, aber erstaunlicherweise kann er die Qualitäten von Spielern sehr gut erkennen. Nicht nur in unserer Mannschaft, sondern auch bei anderen. Einmal saßen wir nach einem Spiel beim Essen zusammen, da sagt er: Coach, kennen Sie diesen Spieler? Ich sage, ich kenne alle Spieler, warum fragen Sie? Dann sagt er, das ist ein interessanter Spieler. Und er hat Recht, das ist wirklich ein sehr interessanter Spieler, ein deutscher U-20-Nationalspieler. Den Namen kann ich jetzt nicht nennen.

Sind Sie froh, dass ihm der Aufsichtsrat des FC Bayern trotz der Steueraffäre das Vertrauen ausgesprochen hat?

Ich will zu diesem Thema nicht viel sagen, die meisten Details des Steuerverfahrens kenne ich nicht. Aber man soll unterscheiden, was privat und was Sport ist. Die Entscheidung war eine logische, nicht nur wegen der Verdienste von Uli Hoeneß, die natürlich nicht zur Diskussion stehen. Die Verantwortlichen haben sich mehr am Sport orientiert.

Wäre die Profiabteilung der Bayern-Basketballer ohne Uli Hoeneß überhaupt denkbar?

Uli Hoeneß hat diese leistungsorientierte Mentalität in den Verein gebracht, er wird auch Basketball immer hundertprozentig unterstützen. Er hat zu mir gesagt: Ich habe nicht immer Zeit, aber Coach, wenn du etwas brauchst, bitte melde dich. Das ist meine Nummer zu Hause, das ist mein Telefon im Büro, rufe direkt an, nicht über die Sekretärin.

Wenn er aufgrund der Steueraffäre als Präsident zurücktreten müsste, wie würde sich das auf die Basketballabteilung auswirken?

Es ist nicht verboten, den Sport weiter zu unterstützen. Ich denke, das würde er tun, auch wenn er nicht mehr Präsident wäre.

Sind Sie jetzt in München zu Hause?

(Lacht.) Ich beneide die Leute, die ihren Stammplatz im Leben gefunden haben. Unser Zuhause ist Pirod in Serbien, wo das Haus meiner verstorbenen Eltern steht, Barcelona und Berlin. Aber es gibt kein richtiges Zentrum, das ist unser Problem. Wir haben unsere Klamotten da und dort. Wir wissen noch nicht, wo wir leben werden.

Vielleicht in München?

Weiß ich nicht. Ich habe noch für zwei Jahre Vertrag, meine Einstellung war immer so, dass ich für ewig bleiben wollte. Aber im Trainerjob weiß man, wann man anfängt, aber nicht, wann man fertig ist.

Sie haben noch eine Wohnung in Grunewald, warum sind Sie nicht noch einmal zu Alba Berlin gegangen?

Alba ist immer in meinem Herzen, das kann mir keiner nehmen. Das war meine schönste Zeit als Trainer. Ich hatte im Sommer auch ein Angebot von Vitoria. Da habe ich mich gefragt, was soll ich in Vitoria noch erreichen? Die haben alles gewonnen, ich habe auch alles gewonnen.

Sie sind von Alba auch nicht mehr gefragt worden?

Eigentlich gab es nie die Situation. Was sollte ich bei Alba auch erreichen, sportlich sehe ich keinen weiteren Reiz.

Das ist bei den Bayern anders?

Hier ist der Reiz groß. Hier ist alles neu, ein ganz neues Projekt. Wie hat mein Freund Marco Baldi von Alba Berlin im Viertelfinale gesagt hat: Wir beim FC Bayern haben noch gar nichts gewonnen. Also: Wir wollen ab jetzt auch etwas gewinnen.

Die Fragen stellte Benedikt Voigt.

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