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Sport: „Benvindo em Leverkusen“

Wie Bayer vor der WM um die Brasilianer wirbt

Der Glanz der brasilianischen Fußball-Nationalmannschaft strahlt auch auf Menschen ab, die sonst nicht im Licht stehen. Auf den Platzwart der Leverkusener Bayarena zum Beispiel. Zwei Wochen ist es her, der Confed-Cup hatte noch nicht begonnen, doch große Ereignisse kündigten sich an: Die Brasilianer kommen. An diesem Morgen allerdings war nur ein Kamerateam des WDR gekommen, und mangels anderer Attraktionen im leeren Stadion filmte es mit beachtlicher Ausdauer den Platzwart bei seiner Arbeit: beim Mähen.

Im Zusammenhang mit dem Fußball-Weltmeister Brasilien gibt es keine Nichtigkeiten. Nur die Frage, wie Prinz Poldi Deutschland retten kann, beschäftigt die rheinischen Boulevardzeitungen derzeit intensiver als der Aufenthalt der Brasilianer in ihrem Verbreitungsgebiet. Es ist schön, dass der Weltmeister da ist, noch wichtiger aber wäre es, dass er zur WM wiederkommt. Als die brasilianischen Nationalspieler vor einigen Tagen über die Abgeschiedenheit ihre Luxushotels in Bergisch Gladbach klagten, löste das im Rheinland den regionalen Notstand aus, und die Kölner Boulevardzeitung „Express“ schockierte ihre Leser zuletzt mit der Nachricht, dass auch München an den Brasilianern baggere.

„Der Hype ist ein bisschen übertrieben“, findet Wolfgang Holzhäuser, der Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen. Aber auch er hat „richtig Spaß“, die brasilianischen Fußballer aus seinem Büro bei der Arbeit zu beobachten. Dieses anspruchsvolle Unterhaltungsprogramm würde Holzhäuser auch im nächsten Sommer gefallen. „Wir lassen das mal auf uns zukommen“, sagt er.

In Wirklichkeit hat der Kampf um die besten Mannschaften der Welt bereits begonnen. Der Weltverband Fifa hat im vorigen Jahr eine Empfehlungsliste mit 120 Trainingsstätten und Hotels für die 32 WM-Teilnehmer erstellt. Neben den zwölf Spielstädten würden auch diese Mannschaftsstandorte ein bisschen vom WM-Glanz abbekommen – und etwas Geld der WM-Touristen. Keine andere Mannschaft ist in dieser Hinsicht so lukrativ wie Brasilien. Als die Seleção Anfang voriger Woche in der Bayarena trainierte, sahen 10 000 Fans zu.

Die Seleção ist mehr als eine Nationalmannschaft, sie ist ein globales Phänomen – auch deshalb will der Global Player Bayer die Brasilianer im kommenden Jahr vier Wochen auf dem Werksgelände haben. Holzhäuser glaubt nicht, „dass man mit den Brasilianern schon ernsthaft über dieses Thema reden kann“. Im Kontrast zur boulevardesken Aufregung wirkt der Verein ohnehin lieber im Stillen. Michael Reschke, Bayers sportlicher Leiter, hat bereits vor Monaten direkt mit Nationaltrainer Carlos Alberto Parreira verhandelt und die Brasilianer zum Confed-Cup nach Leverkusen geholt.

Die Stadt, das Werk und der Verein bemühen sich rührig um die Besucher aus Südamerika. Der Vip-Raum der Bayarena wurde zum Arbeitsraum für brasilianische Journalisten umgerüstet. Auf den Tischen liegt ein Schreiben des Oberbürgermeisters, in dem er die Gäste auf Portugiesisch von den Vorzügen seiner Stadt unterrichtet. Eine Broschüre heißt die Brasilianer in Leverkusen willkommen („Benvindo em Leverkusen“), im Hintergrund dudelt brasilianische Musik.

„Ich glaube, dass wir gute Chancen haben“, sagt Holzhäuser. Kein anderer Bundesligaverein besitzt eine derart intensive brasilianische Tradition wie Bayer. Die Nationalspieler Juan und Roque Junior stehen bei Bayer unter Vertrag, Emerson und Lucio haben am Anfang ihrer internationalen Karriere in Leverkusen gespielt. „Wir vertrauen auf unsere Kontakte“, sagt Holzhäuser. Allerdings weiß er, dass im Zweifel nicht die weichen Standortfaktoren den Ausschlag geben werden. Die argentinische Mannschaft etwa soll sich in der Sportschule Hennef ausgesprochen wohl gefühlt haben, trotzdem zieht sie im nächsten Sommer nach Herzogenaurach. Herzogenaurach ist der Sitz ihres Ausrüsters Adidas.

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