zum Hauptinhalt
Mutombo

© AFP

Berlin: Gipfel in Sichtweite

Houston Rockets schreiben Basketballgeschichte.

Der Berg grinste. Dikembe Mutombo, Spitzname „Mount Mutombo“, wollte am Freitagabend am liebsten die Welt umarmen, bei seiner beträchtlichen Spannweite ein nicht ganz unrealistisches Unterfangen. Überhaupt ist dem 41-jährigen Basketballveteranen und seinen Houston Rockets in der amerikanischen Profiliga NBA zurzeit so gut wie alles zuzutrauen. In der Nacht zu Sonnabend holten sich die Rockets mit einem 89:80 gegen die Charlotte Bobcats den 21. Sieg in Folge – die zweitlängste Siegesserie in der 62-jährigen NBA-Geschichte. Nicht einmal Michael Jordans Chicago Bulls gingen so oft hintereinander als Sieger vom Feld.

Noch im Januar steckten die Rockets tief in der Krise. Mit 17 Niederlagen bei gerade einmal 15 Siegen drohten sie die Play-offs zu verpassen. Tracy McGrady, neben dem chinesischen Center Yao Ming der zweite Star der Rockets, war nach einer Knieverletzung noch nicht wieder fit. Und gerade als Houston dann doch zu siegen begann, erlitt der chinesische Volksheld Ming einen Ermüdungsbruch im Fuß und fiel für den Rest der Saison aus. Ohne ihren 2,29 Meter großen Mann am Brett mussten die Rockets ihr Spiel umstellen, andere mussten einspringen. Mutombo war einer davon.

Gegen Charlotte warf der Kongolese in 31 Minuten Spielzeit nicht ein einziges Mal aus dem Feld auf den Korb – eine Schmach für die meisten Basketballer. Doch nicht so für Mutombo. Seit 16 Jahren ist der Center in der NBA dafür gefürchtet, Würfe des Gegners zu blocken. Nachdem er den Ball mit seinen langen Armen ins Publikum gewatscht hat, pflegt er dem gedemütigten Gegenspieler mit erhobenem Zeigefinger zu signalisieren: An mir kommt niemand vorbei, Freundchen. In der letzten Minute des Sieges gegen Charlotte blockte Mutombo zwei Dunking-Versuche der Bobcats, das Publikum tobte. Auch wenn er im biblischen Basketball-Alter von 41 mittlerweile fast in Zeitlupe über das Feld trottet (der Schnellste war er bei einer Körpergröße von 2,18 Meter ohnehin nie), ist Mutombo ein wichtiger Bestandteil des Rockets-Kollektivs.

Nach Yao Mings Verletzung muss Trainer Rick Adelman darauf vertrauen, dass seine Mannschaft als Einheit auftritt. In der Defensive kämpft das Team gemeinsam, im Angriff wandert der Ball von Spieler zu Spieler, bis jemand frei ist. „Nur so können wir gewinnen“, sagt Adelmann. Harte Arbeiter wie der Argentinier Luis Scola oder Verteidigungsspezialist Shane Battier springen ein, wenn der beste Schütze Tracy McGrady einmal einen schlechten Tag hat.

Und McGrady nimmt sich für den Erfolg gerne zurück. Während er verletzt war, blühten andere Spieler auf. „Als ich zurückkam, wollte ich nicht gleich wieder 20 Würfe pro Spiel nehmen. Ich wollte nur etwas beisteuern“, sagt McGrady. „Ich habe einen Teil meines Spiels geopfert, um der Mannschaft zu helfen.“ Er macht zwar immer noch die meisten Punkte und steht am längsten auf dem Feld, anders als früher trägt er aber nicht mehr alleine die Verantwortung.

Nur noch die Los Angeles Lakers der Saison 1971/72 haben mit 33 Siegen in Folge häufiger hintereinander gewonnen als die Rockets. Am heutigen Sonntag sind die Lakers der Neuzeit in Houston zu Gast. Beide Teams stehen mit 45 Siegen bei 20 Niederlagen gemeinsam an der Spitze der Western Conference. „Das ist der wahre Test, um zu sehen wie gut wir wirklich sind“, sagt McGrady. „Wir werden es herausfinden.“

Gegen die Lakers werden die Fans in Houston wieder überdimensionale Papp-Zeigefinger schwenken, die zum Symbol der Serie geworden sind. Doch Dikembe Mutombo, der Mann den sie „Berg“ nennen, denkt schon viel weiter. Nach dem Sieg gegen Charlotte sagte er: „Noch meine Kinder und Enkel werden über diese Sache lesen. Und sie werden sagen: Es gab einmal ein Team in Houston, das über 20 Mal hintereinander gewann.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false