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Sport: Berlin schmettert

Stelian Moculescu arbeitet als Volleyballtrainer für Friedrichshafen und das Nationalteam – SCC-Manager Niroomand will das ändern

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Stelian Moculescu hat gesagt: „Ich bin ein vielbeschäftigter Mann.“ Und dabei hat er sein charmantestes Lächeln aufgesetzt. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ihn die Arbeitslast nicht gar so sehr drückt. So lächelt nur einer, dem der Job wirklich Spaß macht. Moculescu ist Bundestrainer der deutschen Volleyball-Nationalmannschaft und trainiert auch noch den VfB Friedrichshafen. Nicht jeder findet diese Doppelbelastung akzeptabel. Schon gar nicht Friedrichshafens härtester Bundesliga-Rivale, der SC Charlottenburg. Dessen Manager Kaweh Niroomand spricht von „Interessenkonflikten, die sich aus dieser Konstellation ergeben“ – zum Nachteil des SCC.

Moculescu sind derlei Vorwürfe keineswegs fremd. Er erwidert Kritik an seiner Doppelfunktion gerne mit dem Hinweis auf seine Berufskollegen Dirk Bauermann und Hans Zach. Beide trainieren auch deutsche Nationalmannschaften, der eine im Basketball, der andere im Eishockey. Trotzdem sind sie auch in Vereinen tätig: Bauermann beim Basketball-Bundesligisten GHP Bamberg, Hans Zach in der Deutschen Eishockey-Liga bei den Kölner Haien. Und was in diesen beiden Sportarten möglich ist, das müsse doch, so Moculescus Schlussfolgerung, auch im Volleyball praktikabel sein. Der gebürtige Rumäne lässt ja auch Erfolge für sich sprechen. „Wir haben in den letzten vier Jahren dem deutschen Volleyball Gesicht gegeben, jeder nimmt uns jetzt wieder für voll“, hat Moculescu nach der Europameisterschaft in Deutschland Mitte September gesagt.

Nach der EM wurde Moculescus Vertrag verlängert – per Handschlag. So ist das üblich zwischen Werner von Moltke, dem Präsidenten des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV), und Moculescu. Die neu vereinbarte Frist für die Zusammenarbeit ist allerdings nur kurz. Sie erstreckt sich lediglich über einen Zeitraum von gut dreieinhalb Monaten – genau bis zum Ende der Olympia-Qualifikation in Leipzig, bei der die deutsche Nationalmannschaft heute in ihrem ersten Spiel auf Bulgarien trifft. Dass der Bundestrainer auch danach noch Stelian Moculescu heißen wird, ist nicht ausgeschlossen, wirft allerdings beim SC Charlottenburg ein paar Fragen auf. „Wenn der Bundestrainer zugleich auch einen Bundesligisten trainiert, hat er innerhalb der Saison nie die Möglichkeit, die Vereine zu besuchen, sowohl um sich mit den anderen Trainern fachlich abzustimmen oder auch, um mal die Nationalspieler zu beobachten“, kritisiert Kaweh Niroomand.

Der Manager der Charlottenburger führt noch ein anderes Argument ins Feld, das gegen Moculescus Doppelpräsenz am Rande der Volleyballfelder spricht. „Der Bundestrainer hat einen Wettbewerbsvorteil beim Werben um die besten Spieler der Liga. Natürlich hat das Wort des Bundestrainers mehr Gewicht, wenn er einem jungen Spieler den Rat gibt, er solle bei diesem und jenem Verein spielen, weil das besser sei für dessen Entwicklung“, beklagt sich Niroomand. Moculescu hat in der Vergangenheit immer wieder betont, für die deutschen Spitzenspieler sei es enorm wichtig, sich in den europäischen Topligen zu bewähren.

Beim SCC registriert man mit einigem Stolz, dass von den zwölf Spielern, die aktuell den Kader der Deutschen für die Olympia-Qualifikation bilden, die Hälfte irgendwie mit den Charlottenburgern schon mal verbandelt war oder es noch ist. Björn Andrae, Norbert Walter, Ilja Wiederschein und Frank Dehne schmetterten in der Vergangenheit über längere Zeit für den SCC die Bälle übers Netz, ehe sie aus Berlin fortgingen. Andrae, Walter und Wiederschein fanden eine neue Heimat – ausgerechnet vorübergehend in Friedrichshafen, ausgerechnet unter der Obhut des „Bundes-Vereinstrainers“ Moculescu. Marco Liefke und Eugen Bakumovski sind die letzten deutschen Nationalspieler, die der SCC aktuell noch für das deutsche Aufgebot für Leipzig abstellen durfte.

Werner von Moltke denkt indes gar nicht daran, die Doppelrolle Moculescus an irgendeinem der beiden Enden zu kappen. Einerseits entlastet der Bundestrainer die ohnehin schmale DVV-Kasse, da er den größten Teil seines Lohns vom VfB Friedrichshafen bezieht. Und dann sieht der DVV-Präsident auch noch die sportliche Seite. „Er ist einfach gut“, hat von Moltke dem Bundestrainer bescheinigt.

An Moculescus fachlichen Qualitäten hat freilich auch der SCC nichts auszusetzen, nur verweist der amtierende Deutsche Meister durch seinen Manager Niroomand darauf, dass die Charlottenburger in einer ähnlichen Situation Mitte der Neunzigerjahre schon mal selbst uneigennützig gehandelt haben. Als der damalige SCC-Trainer Olaf Kortmann zum Bundestrainer bestellt wurde, trennten sich bald die Wege von Verein und Trainer.

Die Chancen des SCC, jetzt aus der Ferne Moculescu zur Aufgabe eines seiner beiden Ämter zu bewegen, stehen nicht gut. In der Bundesliga trifft Niroomands Vorstoß zwar auf Verständnis, aber wenig Unterstützung. „Von denen ist doch keiner so unmittelbar betroffen wie wir“, sagt der SCC-Manager. „Denn nur wir befinden uns doch in der Bundesliga in einer permanten scharfen Konkurrenzsituation zu Friedrichshafen.“

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