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Sport: Berlin Thunder: Ausgekugelt

Es war eine merkwürdige Situation im Hotel von Berlin Thunder. Da hatte das Footballteam gerade den größten Erfolg errungen, sich unerwartet vom Verliererteam der NFL Europe zum World-Bowl-Sieger gemausert und damit das Ziel erreicht, weswegen die meisten der amerikanischen Footballer von Thunder nach Europa gekommen waren.

Es war eine merkwürdige Situation im Hotel von Berlin Thunder. Da hatte das Footballteam gerade den größten Erfolg errungen, sich unerwartet vom Verliererteam der NFL Europe zum World-Bowl-Sieger gemausert und damit das Ziel erreicht, weswegen die meisten der amerikanischen Footballer von Thunder nach Europa gekommen waren. Und dann haben viele Spieler nichts anderes im Kopf, als möglichst schnell nach dem letzten gemeinsamen Essen ins Bett zu gehen, um dann gleich nach dem Aufwachen in die USA zurückzukommen. Kein rauschendes Fest nach dem Titelgewinn und auch kein gebührender Abschied voneinander. Schließlich sieht sich das Team in dieser Formation ja nicht wieder. Nur wenige Spieler feierten mit Betreuern und Offiziellen noch einige Stunden in der Hotelbar. Lediglich 18 Spieler machten gestern einen Umweg über Berlin, um bei einem Empfang des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit die Glückwünsche der Stadt entgegenzunehmen. Der Rest reiste von Amsterdam aus in die USA nach dreimonatiger Mission fernab der Heimat zurück zur Familie. "Die sind jetzt fertig", sagt PR-Manager Maik Matischak.

Immerhin präsentierten sich viele der Spieler unmittelbar nach dem Sieg freudetaumelnd. Einige Spieler wühlten sich im Rest des weißen Konfettiregens auf dem Spielfeld, andere wie Sammy Williams, der schon im Januar den Superbowl gewinnen konnte, weinten vor Glück. Ein durchaus ungewöhnlicher Anblick bei den harten Jungens. Jonathan Quinn, der sonst eher zurückhaltende Spielmacher, sagte nach der Pokalübergabe: "Es war ein großartiges Spiel. Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen." Dabei ließ er sich immer wieder mit den Fans Arm in Arm und der Worldbowlkugel sowie seinem Pokal als wertvollster Spieler des Finales fotografieren. Quinn, der nach den Spielen häufig als Erster in der Kabine verschwand, blieb diesmal besonders lange bei den Fans. Künftig ist er als zweiter Quarterback in der NFL bei den Jacksonville Jaguars zu bewundern.

Auch Jörg Heckenbach könnte bald in den USA in einem NFL-Team stehen. Der deutsche Wide Receiver hat durch seinen enormen Leistungsschub auch in dieser Saison in Amerika auf sich aufmerksam gemacht. Eine Einladung ins Trainingscamp der Dallas Cowboys hat er schon. Sein Trainer Peter Vaas hatte ihn vor dem Spiel dem NFL-Boss Paul Tadlibue empfohlen. Der NFL-Commissioner ist vergleichbar mit der Position von Gerhard Meyer-Vorfelder als Präsident des Deutschen Fußballbundes. Heckenbach zeigte sich nach dem Spiel darüber etwas überrascht. "Ich wusste nicht, dass mich der Trainer empfohlen hat." Hätte er es gewusst, hätte ihn das ein wenig angespannt spielen lassen, glaubt der Passempfänger. Sollte er als Deutscher den Weg von der NFL Europe in die amerikanische NFL schaffen, dann wäre das ein Schub für Football in Berlin.

All dies gibt Thunder Auftrieb für die kommende Saison. Auch wenn erst einmal neun Monate Pause überbrückt werden müssen. An einen Boom in Berlin glaubt Generalmanager Michael Lang trotzdem nicht. "Ob ich deshalb deutlich mehr Karten verkaufen werde? Ich glaube nein. Ob ich mit dem World Bowl mehr Sponsoreneinnahmen habe? Auch nein", sagt Lang ungewöhnlich zurückhaltend. Noch eines wehrt der Manager ab: "2002 wird es definitiv keinen World Bowl in Berlin geben." Er schließt das für später, wenn das Olympiastadion umgebaut ist, aber nicht aus. Im Moment sieht er sich und die Seinen aber auch organisatorisch dazu noch nicht in der Lage.

Ingo Wolff

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