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Lautsprecher. Robert Bartko hat 2014 seine letzten Runden im Velodrom gedreht. Dem heutigen Start des Sechstagerennens 2015 blickt er skeptisch entgegen.

© Imago

Berliner Sechstagerennen: Robert Bartko - Zaungast im eigenen Wohnzimmer

Der frühere Olympiasieger und Publikumsliebling Robert Bartko ist beim Berliner Sechstagerennen nicht mehr Hauptdarsteller. Dafür kritisiert er nun seine Nachfolger auf der Bahn.

Es gibt genügend ehemalige Leistungssportler, die nach ihrer Laufbahn hin und wieder noch ein Kribbeln in ihren Händen, Füßen oder irgendeinem anderen Körperteil verspüren – je nachdem, womit sie ihren Sport betrieben haben. Nicht so bei Robert Bartko. „Bei mir juckt nix mehr“, sagt er.

Vor knapp einem Jahr hat der frühere Publikumsliebling seine Radsportkarriere beendet, mit einem Sieg beim Sechstagerennen in Kopenhagen. Wenige Tage zuvor war er auch zum letzten Mal beim Berliner Sechstagerennen gestartet. Schon damals wirkte er recht gefasst, anders als sein junger Teampartner Theo Reinhardt und der Sportliche Leiter des Sechstagerennens, Dieter Stein. Beide wischten sich die Tränen aus dem Gesicht, während Bartko seine Abschiedsrunde drehte.

Wenn am heutigen Donnerstag der Startschuss für das 104. Berliner Sechstagerennen fällt, wird Robert Bartko wieder dabei sein – allerdings nur noch als Zaungast, wie er sagt: „Alles andere will ich den Zuschauern auch nicht mehr antun.“ Auf Einladung seines alten Freundes Klaus-Jürgen Jahn werde er diesmal im Velodrom zu Gast sein. Jahn lernte er 1998 beim SC Berlin kennen. Dessen Verein „Sport gegen Gewalt“ unterstützte Bartko finanziell in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele in Sydney 2000, bei denen er am Ende zweimal Gold gewann.

Wenn der 39-Jährige über seine Rückkehr redet, klingt er beinahe fatalistisch. „Für die Zuschauer bin ich doch aus den Augen, aus dem Sinn, aber das ist nicht schlimm, denn jeder Rennfahrer hat seine Zeit“, sagt Bartko, der seit Dezember Sportdirektor der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft ist.

"In Berlin ist der Radsport-Nachwuchs gleich null", sagt Robert Bartko

Für ihn gehe es beim Sechstagerennen nicht um das Flair, die Musik und die Show ringsherum. Das habe er schon früher als Fahrer ausgeblendet. „Auch wenn das ja ein wesentlicher Bestandteil ist“, sagt er und stockt, um dann noch lakonisch hinzuzufügen: „War“. Weil sich die Gema-Gebühren, die die Veranstalter für das Sechstagerennen zahlen sollen, vervierfacht haben, wird in diesem Jahr auf Live-Musik in der Halle verzichtet.

Vor einer Woche war Bartko beim Sechstagerennen in Bremen zu Besuch, dort gebe es noch Livemusik. „Die kriegen das anscheinend besser hin, aber am Ende werden die Berliner Zuschauer entscheiden, ob es funktioniert oder nicht“, sagt er. „Das wird man dann jedoch wohl erst im nächsten Jahr merken.“

Dass statt der Showeinlagen nun der Nachwuchs mehr in den Vordergrund gerückt werden soll, sieht Bartko skeptisch: „In Berlin ist der Radsport-Nachwuchs gleich null. Ich habe das schon vor vielen Jahren kritisiert, dass da grundsätzlich zu wenig passiert.“ Da reiche es auch nicht, sagt er, dass mit Maximilian Beyer ein Berliner Talent vor wenigen Tagen den Weltcup im kolumbianischen Cali gewonnen habe: „Einer ist zu wenig.“

Dem Berliner Sechstagerennen fehlt es an Lokalmatadoren

Nachdem im vergangenen Jahr neben Bartko auch der Schweizer Franco Marvulli und Jens Voigt ihre Karrieren beendet haben, fehlt es nun an potenziellen Lokalmatadoren. Mit Theo Reinhardt, der mit ihm im vergangenen Jahr im Velodrom fuhr, hatte man zwar schon einen potenziellen Nachfolger gefunden. „Nur hat sich Theo dann zu gut entwickelt, so dass er nun stabil in der Nationalmannschaft im Vierer fährt“, sagt Bartko. Bis jetzt habe es nur schwache Versuche gegeben, neue Fahrer aufzubauen. Und so nennt er die Kriterien, die einer erfüllen muss, um in Berlin zum Publikumsliebling zu werden: „Er muss die Leistungsfähigkeit besitzen. Die muss er nicht nur beim Sechstagerennen zeigen, sondern über das ganze Jahr verteilt, indem er immer wieder sportlich erfolgreich ist.“

Bartko selbst hat an das Velodrom nur gute Erinnerungen, „dort habe ich mich immer zu Hause gefühlt“. 1999 wurde er dort Weltmeister in der Einer- und Mannschaftsverfolgung. Dreimal gewann er zudem das Sechstagerennen: 2004 gemeinsam mit Guido Fulst, 2009 mit Erik Zabel und – der Höhepunkt – 2011 das 100. Rennen mit Roger Kluge: „Das Velodrom ist wie mein Wohnzimmer.“

War muss es ja eigentlich heißen. Denn wenn Robert Bartko an diesem Donnerstag zurückkehrt, ist er dort nur noch Zaungast. „Mir geht es nur darum, alte Freunde und Kontrahenten wiederzutreffen und für einen Abend noch einmal in den Zirkus hineinzuschnuppern, um dann wieder zu verschwinden.“

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